Das touristisch-kommerzielle Potenzial der Berliner Mauer ist noch lange nicht ausgeschöpft. Im Mühlenspeicher, dem historischen Gebäude nahe der Oberbaumbrücke, eröffnet am Samstag das vierte Mauer-Museum Berlins – nach Gedenkstätte Bernauer Straße, Haus am Checkpoint Charlie und dem Mauer-Panorama ebenfalls am Checkpoint. Initiator und Kurator des privaten Museums ist der Event-Produzent und Filmemacher Jaka Bizilj. Er hat nach eigenem Bekunden die Ausstellung nach intensiven Gesprächen mit den politischen Protagonisten der Wendezeit, darunter Hans-Dietrich Genscher, James Baker und Michail Gorbatschow, erarbeitet und konzipiert.
Es flimmert und flackert die Geschichte
In den 13 Räumen im zweiten Obergeschoss des Speichergebäudes werden auf insgesamt 100 Bildschirmen historische Filmdokumente gezeigt, von der Mauerrede Ulbrichts 1961 bis zum Megakonzert The Wall 1990. Daneben gibt viele Fotos und Animationen von Mauer und Grenzstreifen. Ein paar uniformierte Schaufensterpuppen, Steine aus der ersten Mauerbauphase und ein Original-60er-Jahre-Wohnzimmer lockern die Szenerie etwas auf, spielen aber nur eine Nebenrolle. Authentisch immerhin ist der Ort Mühlenspeicher. Das Gebäude aus dem Jahr 1907 diente einst als Getreidesilo und wurde später wegen der exponierten Lage an der Spree ins DDR-Grenzregime integriert. Aufs Dach ließen die Grenztruppen einen kleinen Wachturm setzen. Nach der Wende wurde hier vor allem gefeiert, in der Großdisko Speicher. Inzwischen ist das Restaurant Pirates eingezogen, das Museum ist Untermieter.
Die „menschliche Komponente“ zählt
Gelegentlich vergreift sich Bizilj etwas in der Auswahl seiner Exponate. Der Defibrillator, mit dem Genscher nach seinem ersten Herzinfarkt ausgestattet wurde, soll die „menschliche Komponente“ der Weltpolitik zeigen. Darauf könnte man auch gerne verzichten. Was das Haus am Checkpoint Charlie an Exponaten zu viel hat, ist hier Mangelware. Kooperationen wären vonnöten, sind aber bislang ausgeblieben. Mit der Mauer-Stiftung wolle man noch den Kontakt suchen, sagte Bizilj.
Unterstützt habe das Projekt Gorbatschow persönlich, außerdem der Ex-Fernsehhistoriker vom ZDF, Guido Knopp. Bei der Präsentation sind beide allerdings nicht anwesend. Dafür zwei Zeitzeugen, die einst aus der DDR fliehen konnten. Peter Bartsch schwamm 1978 zwei Stunden lang durch die Spree, von Mitte nach Kreuzberg, zusammen mit einer Freundin, immer auf der Hut vor Patrouillenbooten und Scheinwerfern. Die Flucht gelang, doch das Vorhaben hätte auch schiefgehen können, wie Bartsch andeutet.
Eintritt: 12,50 Euro. Schüler und Studenten zahlen 6,50 Euro.