Twentysomething Tom sitzt verkatert vor einer längst kalten Tasse Kaffee, als Mitbewohnerin Emma in die WG-Küche kommt und sich dazu gesellt. So unspektakulär, aber dafür lebensnah beginnt Teil 1 der in Neukölln gedrehten und spielenden Soap „Ecke Weserstraße“. Die Erfinder und Regisseure Johannes Hertwig und Hayung von Oepen setzen nicht auf künstliche Aufregung oder billige Effekte und sprechen damit zweifellos eine andere Klientel an als etwa die RTL 2-Reality Soap „Berlin – Tag & Nacht“.
Bisher lief „Ecke Weserstraße“ zwar beim lokalen Kulturfestival „48 Stunden Neukölln“ oder auf Youtube, jedoch nicht auf einem bekannten Filmfestival oder gar im Fernsehen. Dabei ist diese Berlin-Soap gar nicht so sehr mit ihrem Standort verbandelt wie ihr Titel nahelegt – selbst wenn sie eine Szene und Lebensumstände beschreibt, die in Nord-Neukölln verbreitet sind.
Gar nicht mal so verhipstert
Es sind jedoch weniger junge Menschen aus Migrantenfamilien oder der Idealtyp des Hipsters – sollte es den je gegeben haben – , die hier die Hauptrollen übernehmen. Zwar gibt es Nebendarstellerin Toni, die von der dunkelhäutigen Jennifer Lotsi verkörpert wird, und man trifft sich in der Weserstraße schon mal auf einer Vernissage. Doch eigentlich handelt die erste Folge des von den Erfindern „Dramedy“ genannten Formats von ganz alltäglichen normalen Fragen, die Emma (Lotta Löffler), Tom (Christian Wagner) und dessen alter Freund Vincent (Maximilian Seidel) so haben: Wie punktet man beim anderen Geschlecht, wo gibt es Arbeit oder wo kommt das Geld für den eigenen, gar nicht mal so ausschweifenden Lebensstil her?
Man merkt dem Drehbuch von Johannes Hertwig an, dass dem Autor eine realitätsnahe Soap vorschwebte, die ein Lebensgefühl trifft. Pluspunkte gibt es auch für die Selbstreflexivität, die die Hauptfiguren an den Tag legen, auch wenn die gelegentlich fast ein wenig aufgesetzt wirkt. Dennoch, und selbst wenn nicht alle Darsteller gelernte Schauspieler sind, kommt der undramatische und doch keinesfalls langweilige Serienstart sehr sympathisch rüber.
Auf Sympathie – nämlich die der Fans des Projekts – setzen Hertwig und von Oepen nun auch bei der Fortsetzung von „Ecke Weserstraße“. Die soll es dann geben, wenn beim Crowdfunding über die Plattform Startnext bis 5. Mai 3000 Euro zusammenkommen. Davon sollen zwei neue Folgen gedreht und anschließend bei Youtube hochgeladen werden. Kommt eine höhere Summe zusammen, würde sie in weitere Episoden gesteckt. Je nach gespendetem Betrag gibt es verschiedene ‚Dankeschöns‘: Von der Nennung im Abspann (5 Euro) über einen Gästelistenplatz zur Premiere (30 Euro) oder einer Statistenrolle (50 Euro) bis hin zum Dreh im realen Geschäft des Spenders (500 Euro).
Weitere Infos zum Projekt und die Möglichkeit zum Spenden findet ihr auf der Startnext-Seite von „Ecke Weserstraße“.
Die erste Folge der Serie könnt ihr euch hier anschauen: