Gibt es die noch?
Nickelback? Ja, die gibt es noch, oder? Von der Musik der Kanadier behaupten viele, sie sei schlecht komponiert und ihr liege immer nur dieselbe Melodie zugrunde. Die sinnlosen Texte entstünden im Suff. Doch ihr gestriger Auftritt in Berlin hat eins bewiesen: Die Band ist erwachsener geworden, entwickelt sich weiter und lässt sich von Hatern nicht beeinflussen. Gegründet im fernen 1995 steht Nickelback bereits seit 21 Jahren erfolgreich auf der Bühne. Und nun läuft ihre neue Europa-Tournee. Sie sind noch da und wieder in Berlin!
Jung und Alt haben sich gegen 19 Uhr vor der Mercedes-Benz-Arena versammelt, viele tragen ein T-Shirt mit dem Nickelback-Logo. In einem großen Kreis sitzen Jugendliche, trinken Bier und den obligatorischen Jägermeister und diskutieren aufgeregt über den Auftritt von Nickelback und welche Songs sie sich genau wünschen. Ein Handy, das in der Mitte des Kreises liegt, spielt sie schon ab. This is how you remind me – wünscht sich ein Junge mit blonden Strähnchen. „Nein, Mann, Burn it to the ground ist doch viel rockiger!“
Do not fuck with the truck!
Gegen die Erwartung geht es pünktlich um 19.30 Uhr los, wie angekündigt. Die Rockfans in der Halle darf die Band Monster Truck heiß machen. Für viele wohl unbekannt, liefern Sänger und Bassist Jon Harvey und seine Jungs eine spektakuläre Leistung und haben bestimmt neue Fans hinzugewonnen. Besonders rockig, melodisch und auch zum Mitsingen bestens geeignet waren The Lion und der Hit der Band Don’t Tell Me How To Live. Mit viel Power, Enthusiasmus und Können zeichnet sich der Gitarrist von Monster Truck Jeremy Widerman aus. Der langhaarige Amerikaner tritt schon von Anfang an mit freiem Oberkörper auf und zeigt, dass die Locken nicht nur auf dem Kopf gut sitzen.
„Geile Scheiße!“
Nach der Show von Monster Truck, die ich allen Rockfans unbedingt ans Herz legen würde, ist es nun höchste Zeit für Chad Kroeger und seine Jungs, die Bühne zu betreten. Dies geschieht um kurz von 21 Uhr. Kroeger, der neulich eine schmerzhafte Trennung von der Sängerin Avril Lavigne erleben musste, wirkt in bester Stimmung und lässt sich alle zehn Minuten Bier aus dem Backstage holen. Zum Anfang spielen die Kanadier Hard-Rock-Songs, die an ihre frühen Jahre erinnern. Das Publikum wird von Beginn an mit Plektren beworfen, so dass viele nach dem Konzert eins von Nickelback mit nach Hause nehmen können. Leider habe ich kein Glück und muss weiterhin mit meinem alten, abgenutzten Plektrum klimpern. Schade.
Das Konzert ist ein echter Spaziergang durch 20 Jahre Bandgeschichte. Dazu kommt noch die Vielfalt der Genres, die keine Wünsche offen lässt. Es ist für jeden was dabei: Für die Hardrocker, für die Träumer und für die Balladenliebhaber. Auch wenn die Arena nicht aus allen Nähten platzt, herrscht gute Stimmung bis zum Schluss. Und an diesen wollen die Fans nicht mal denken. Obwohl Kroeger neben den Plektren auch Drumsticks ins Publikum schleudert und samt Drummer und Gitarristen im Backstage verschwindet, geben die Nickelback-Begeisterten nicht auf und fordern eine Zugabe. Sie lässt zwar auf sich warten, aber dann kommt sie. Und alle applaudieren und singen den Hit Rockstar und das Lied aus dem Spiderman-Soundtrack Hero mit. „Geile Scheiße!“ jubelten danach Kroeger und Peake. „Die Backstage ist voll mit Alkohol, wir wollen heute noch Party machen“ und „Dankeschön“ war das letzte, was man hörte, bevor alle Plektren und Sticks weg waren. Naja, Nickelback gibt es noch, die sind noch am Leben. Mehr denn je.