2015 feiert die Lichterfelder Privatbühne „Nottke’s das Kiez-Theater“ nun Jubiläum: Zehn Jahre Kleinkunst in vielerlei Facetten, Chansons und Kabarett, Musical, Komödie, Volkstheater – ein cleverer Mix aus eigenen Produktionen und Gastspielen. Ganz ohne Subventionen.
Es ist ein Projekt, das die Lebensläufe des Paares umgekrempelt hat: Nicolai Preiß, Jeans, legerer Blazer, gelockte Haare, ist längst nicht mehr in seinem früheren Job tätig. Er hat eine neue Rolle übernommen. Kümmert sich „100 Prozent“ ums Theater, schafft Getränke heran, putzt die Toiletten, lässt Flyer drucken, macht den Barkeeper, begrüßt Gäste persönlich, sitzt an der Kasse, am Licht- und Tonpult. Dabei hat er seine schlummernden künstlerischen Talente entdeckt. Hin und wieder schlüpft er jetzt auch in Bühnenrollen.
Im bordeauxroten Sessel entspannt die Show erleben
Auch Katja Nottke ist alles zugleich vor und hinter der Bühne, hat als Theaterdirektorin die künstlerische Leitung, macht Regie, kümmert sich um Kostüme, Ausstattung, Kulissenbilder, spielt und singt. Auf die Uhr guckt keiner der beiden, zumal sie nur ein kleines Helferteam unterstützt. „Das macht uns nicht reich, aber glücklich“, sagt Nicolai Preiß. Dann zieht er an einem Zigarillo und erzählt, dass er mit seinem alten Job nicht mehr tauschen möchte. Schwärmt von Begegnungen, Gesichtern voller Vorfreude. Weist auf die 80 bordeauxroten Sessel an Bistrotischchen, demonstriert die Beinfreiheit in den Reihen und wie entspannt man während der Shows am Wein nippen kann. „Die Gäste sollen sich wohlfühlen wie wir selbst.“
„Gute Unterhaltung kann auch anspruchsvoll sein“
Katja Nottke ist mit ihrer runden Figur irgendwie immer in Fahrt und im Gesicht unter dem dunkelbraunen Haar ein wohlgeratener Mix aus Dame und Göre. Die geborene Berlinerin war nach der Schauspielschule in etlichen Theatern der Stadt zu sehen – von der einstigen Tribüne bis zum Renaissance-Theater. Lieh als gefragte Synchronsprecherin Michelle Pfeiffer ihre Stimme oder der Raupe Nimmersatt. In den 90er Jahren betrieb sie erstmals mehrere Jahre lang eine eigene Bühne – das KAMA-Theater in Kreuzberg. Diese Erfahrung hat sie gründlich ausgewertet, bevor sie den zweiten Anlauf in Lichterfelde wagte. Diesmal bewusst nicht in der Berliner City, wo viele Theater konkurrieren, sondern als Pionierin am Rande des S-Bahnringes im gutbürgerlichen Kiez.
Problemstücke laufen mäßig. Amüsement ist eher gefragt. Flaches Spaßtheater also? „Keineswegs“, sagt die Theaterchefin. Gute Unterhaltung könne ja auch anspruchsvoll sein. „Ist das Leben nicht immer eine Komödie – bei allem Ernst?“ Hier die rechte Balance zu finden, das fordert sie heraus. Dabei helfen ihr die Klassiker des Berliner Humors aus den 20er Jahren, die bis heute überraschend aktuell sind – wie Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Werner Richard Heymann, Friedrich Hollaender oder Claire Waldoff. Aber auch viele zeitgenössische Texte und Kompositionen nimmt sie ins Programm.
„Dinner der Diven“ und „Frauchen Platz!“ – ein turbulentes Hundekabarett
Viel ist passiert, seit der Vorhang erstmals aufging. Nur von außen sieht der Flachbau noch fast so trist aus wie damals. „Na ja“, sagt Nicolai Preiß. „Um so größer ist doch die Überraschung, wenn man unser Theater betritt.“