Der Mann hat ganz schön Glück gehabt. Zwei Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten hat der 79-Jährige erhalten, für die „Verunreinigung“ des Hauptbahnhofstunnels werden 35 Euro fällig. Die Höhe der Geldbuße für das „unberechtigte Betreten von Bahnanlagen“ steht noch nicht fest. Wie berichtet war der Potsdamer am Freitag im Tiefgeschoss des Hauptbahnhofs vom Bahnsteig in das Gleisbett geklettert und einige Meter in den Tunnel gelaufen – um in Ruhe zu urinieren.
Dass jeder Eindringling in dem Tunnel sofort eine Alarmanlage auslöst, wusste der alte Herr nicht. Als er nach dem Verrichten des Geschäftes auf den Bahnsteig zurückkehrte, wurde er von der Polizei begrüßt, die hat ihre Wache nämlich nur eine Treppe über der Toilette.
Mehrfach starben Männer beim Pinkeln
Andere Männer mit diesem Bedürfnis sind beim Pinkeln aufs Gleis schon ums Leben gekommen. Zuletzt starb ein Betrunkener im Mai vergangenen Jahres im S-Bahnhof Friedrichsfelde-Ost. Der 45-Jährige war beim Urinieren vom Bahnsteig ins Gleis gefallen. Dort erfasste ihn schließlich eine S-Bahn. Und 2007 starb ein 30-Jähriger auf ähnliche Weise auf dem Bahnhof Lichtenberg.
Wieso der Mann im Gleis pinkeln wollte, hat die Polizei nicht ermittelt. Ob er zu bequem war, die Bahnhofstoilette zwei Etagen weiter oben aufzusuchen, oder die Not zu groß war, ist unklar. Im Erdgeschoss gibt es eine Toilette, die sich im Bahn-Deutsch „rail & fresh“ nennt und sogar eine Internetseite hat. Auch der Eintritt in diese „Wohlfühl-Atmosphäre“, wie es auf der Werbeseite heißt, ist spürbar, er beträgt einen Euro. „Aber“, betont Thorsten Röder von der Betreiberfirma, „für den Euro gibt es einen Gutschein im Wert von 50 Cent. Und dieser ist beim nächsten Bedürfnis einlösbar. Bei der Konkurrenz ist das nicht möglich“, betont der Mann auf der Toilette. Zudem, erzählt Thorsten Röder, sei seine Einrichtung rund um die Uhr geöffnet und rund um die Uhr mit Personal besetzt. Kinder dürfen übrigens gratis – das muss er jetzt mal betonen.
Vorübergehend gab es eine zweite Toilettenanlage
Seit der Eröffnung der Station im Mai 2006 wurde über die Zahl der Toiletten diskutiert. Von den anfangs bis zu 600.000 Besuchern wurde das einzige Klo regelrecht überrannt. Heftig wurde die Bahn kritisiert, dass die Zahl der Schüsseln im Verhältnis zur Größe des Bahnhofs nicht ausreichend sei. Vorübergehend öffnete die Bahn eine weitere Toilettenanlage im ersten Untergeschoss, diese sollte eigentlich den Angestellten der vielen Geschäfte vorbehalten sein.
Im Jahr 2011 ist die 246-Quadratmeter-Toilette saniert worden. Dass jedes Klokonzept seine Tücken haben kann, erlebte eine ältere Dame am Freitagmittag. Sie wollte mit einem 50-Euro-Schein hinein, doch das Bahnhofsklo akzeptiert maximal 20-Euro-Noten. Sie musste ihr Geld schließlich wechseln gehen.