Interkutlureller Garten

Oase inmitten von Plattenbauten

Leuchtend bunte Blumen, sattes Grün und eigene Weinpflanzen: Der Interkulturelle Garten in Lichtenberg ist eine Oase inmitten von Plattenbauten.
Leuchtend bunte Blumen, sattes Grün und eigene Weinpflanzen: Der Interkulturelle Garten in Lichtenberg ist eine Oase inmitten von Plattenbauten. Zur Foto-Galerie
Liebenwalder Straße – Hinter den ewigen Weiten der Landsberger Allee reiht sich ein Plattenbau an den anderen. Triste Architektur und wenig bis kein kulturelles Leben würden die meisten hier wohl verorten. Doch inmitten des Lichtenberger Kiezes befindet sich eine 13.000 m² große Perle...

„Alle drei Wochen sieht der Garten anders aus“, erzählt mir Anne Haertel, Mitarbeiterin im Interkulturellen Garten und der Umwelt-Kontaktstelle Lichtenberg, begeistert. Besonders jetzt im Frühling würde man das merken. Die Aussage glaube ich ihr sofort. Nie im Leben hätte ich vermutet, dass es nur wenige Meter vom Allee-Center so ein grünes Paradies gibt. Schon am Eingang erwarten mich satte Büsche, allerlei bunte Blümchen sowie prächtige Kastanien- und Pappelbäume. Neben dem türkisfarbenen, achteckigen Häuschen der Umwelt-Kontaktstelle stehen Biergartenbänke. Alles wirkt aufgeräumt, gepflegt und überaus einladend.

Interkultureller Garten Lichtenberg (c) S. Maaß

Ein ganzes Jahrzehnt wird der Interkulturelle Garten in diesem Jahr schon alt. Die Idee für das Projekt entstand damals in der interkulturellen Kinder- und Jugendwerkstatt „Kinder EINER Welt“. Schnell hatte sich eine Initiativgruppe aus Bürgern, Vereinen, Migrantenrat, Bezirksamt und Wohnungsverwaltungen zusammengefunden, die 2005 mit der Planung und Umsetzung startete. Ziel war es, eine Gartengemeinschaft zu bilden, in der Menschen und Familien mit Migrationshintergrund integriert werden und sich austauschen können. Zwei alte Doppelkitas mussten dafür weichen. Ein offizieller Träger, die Sozialdiakonische Jugendarbeit Lichtenberg e.V., wurde hinzugezogen und im März 2007 wurden die ersten Pachtverträge an Nutzer vergeben.

17 verschiedene Nationen

Sozialarbeiterin Anne Haertel. (c) S. Maaß
„Rund 40 Parzellen und Mitglieder aus 17 verschiedenen Nationen haben wir heute hier“, berichtet Sozialarbeiterin Haertel, die für das harmonische Miteinander im Garten zuständig ist. Die 42-Jährige ist seit 2009 mit dabei. „Damals wurde klar, dass das Projekt ohne Betreuung nicht fortführbar ist“, sagt Haertel und fügt hinzu: „Man kann nicht einfach alle in einen Garten setzen und denken, dass der Austausch von allein passiert. Wir wollten eine Partizipation und ohne Unterstützung ging das eben nicht.“

Die unterstützende Arbeit von Haertel wird vor allem dann sichtbar, wenn es darum geht, alle an einen Tisch zu bringen. Das geschieht auf ihre Anregung hin zum Beispiel bei einem gemeinsamen Essen nach einem Einsatz im Garten. „Es gibt Leute, die nicht gern fragen, aber trotzdem gern erzählen. Besonders in der älteren Generation“, erklärt die Vermittlerin zwischen den Kulturen. Dann sei es eben ihr Job, die Fragen zu stellen, um ein Gespräch in Gang zu bringen. „Und außerdem“, lacht sie, „stelle ich alle immerzu einander vor – das mache ich eigentlich die ganze Zeit!“

Das Resultat kann sich sehen lassen. Der Interkulturelle Garten wird mittlerweile von Bosniern, Kongolesen, Mosambikanern, Syrern, Tschechen und Menschen aus vielerlei anderen Ländern der Welt bewirtschaftet. „Wir haben hier eine gute Mischung“, so Haertel. Es seien zudem viele bikulturelle Familien unter den Gartennutzern. Einige von ihnen seien gerade erst neu in Deutschland, andere schon in der zweiten oder dritten Generation hier.

 

Kreativer Lernort

Doch nicht nur das kulturelle Miteinander kann sich sehen lassen. Der Interkulturelle Garten ist auch kreativer Lernort für zahlreiche Schulklassen aus Lichtenberg, Marzahn und Friedrichshain. Die benachbarte Brodowin-Grundschule hat gleich ein ganzes Beet auf dem Areal. Außerdem können die Kids hier auf einem Bienenlehrpfad erfahren, wie die fleißigen Summer Honig herstellen oder am Lehmofen lernen, wie man Brot backt. Auch das Flechten von Weidenkörben, die Herstellung von Glas und das Schnitzen von Holzgegenständen stehen auf dem Programm. „Es geht uns darum, alles möglichst praktisch zu machen und den Kindern beizubringen, die Materialien, die wir im Garten haben, zu nutzen“, erzählt die Sozialarbeiterin. 

Neben solchen Aktionen veranstalten die Sozialdiakonische Jugendarbeit Lichtenberg e.V. und die Gartenmitglieder jedes Jahr eine Gartenparty unter dem Motto „Mein Talent für mein Kiez“ (13. Juni 2015), sie geben Führungen zum Langen Tag der Stadtnatur (20. Juni 2015) und bieten einen Laternenumzug mit anschließendem Lagerfeuer und Stockbrot an (23. Oktober 2015). Doch auch im ganz normalen Alltag wird es im Interkulturellen Garten nicht langweilig. So gibt es immer donnerstags nicht nur ein Gartencafé, sondern jeden zweiten Donnerstag noch ein zusätzliches Repair-Café, das von einem Engländer angeleitet wird. 

Auch einen Lehmofen findet man im Interkulturellen Garten. (c) S. Maaß

Besucher, egal ob von Fern oder Nah, sind stets herzlich willkommen im Interkulturellen Garten“, erklärt mir Haertel zum Abschluss unseres Rundgangs durch die Grünanlage. Die Tore des Gartens stünden grundsätzlich immer offen, auch außerhalb der Öffnungszeiten der Umwelt-Kontaktstelle. Nur manchmal blieben sie zu, wenn gerade mal kein Mitglied vor Ort sei. Für mich steht jedenfalls fest: Ich komme wieder!

Foto Galerie

Interkultureller Garten Lichtenberg, Liebenwalder Straße 12-18, 13055 Berlin

Telefon 030 81859098

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Umwelt-Kontaktstelle: Dienstag und Mittwoch von 10 bis 17 Uhr; Donnerstag von 12 bis 19 Uhr
Die Tore der Grünanlage stehen auch außerhalb der Zeiten der Umwelt-Kontaktstelle stets allen Besuchern offen, solange mindestens eines der Mitglieder gerade im Garten werkelt.

Eingang des Interkulturellen Gartens in Lichtenberg: Die Grünfläche steht jedem Besucher offen.

Eingang des Interkulturellen Gartens in Lichtenberg: Die Grünfläche steht jedem Besucher offen.

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