Nach über 50 Kolumnen mit sehr persönlichen Geschichten wird Mascha ihre Fühler künftig noch etwas weiter ausstrecken. Schließlich hat nicht nur sie, sondern auch ihr Umfeld jede Menge zu erzählen. Wie erleben andere Berliner ihr Singledasein, warum, verdammte Axt, ist die Partnersuche für so viele junge, liebeshungrige Seelen so schwer? Was haben Menschen zu berichten, die eine offene Beziehung führen – und wie haben eigentlich Maschas Freunde ihre erste Sexparty erlebt? Das und mehr gibt es künftig in der schmissig-investigativen Rubrik „Mascha fragt nach“. Natürlich mischt die Single- und Sexpertin aber auch selbst hier und da noch mit.
Offene Beziehung – das ist ein ganz schön großer Begriff. Auf der einen Seite klingt es irgendwie nach Freiheit, nach dem Ende starrer Regeln, nach Abenteuer und vor allem nach Vertrauen. Auf der anderen Seite klingt es nach: Stress. Denn: Wie groß kann Vertrauen sein? Wie kommuniziert ein Paar seine „Offenheit“, will man wirklich wissen, was der andere treibt – wie er oder sie es mit anderen treibt? Diese Fragen habe ich mir schon oft gestellt. Für mein eigenes Liebesleben, aber auch in Bezug auf andere. Das perfekte Thema also für „Mascha fragt nach“.
Los geht es mit einem Paar beziehungsweise dem weiblichen Teil eines Paares, das ich vor einem Jahr kennengelernt habe. Dass die beiden keine monogame Beziehung führen, war sehr schnell klar: Immerhin hatten sie bei einer Dating-App ein Couple-Profil. Sprich: Sie warben gemeinsam für sich, als Paar, um jemanden zu finden, der mit ihnen gemeinsam, naja, „Spaß“ haben will. Ich fand sie wesentlich interessanter als ihn, zumindest auf den Bildern, wir verabredeten uns ziemlich schnell, zu dritt, aber es blieb bei Gesprächen über Sex und Beziehungen – der Funke, um auch gemeinsam ins Bett zu hüpfen, sprang irgendwie nicht über. Was blieb, war das Interesse an ihr, Maria, als Person. Wir freundeten uns an. Und aus irgendeinem Grund war sie einer der wenigen Menschen, denen ich sofort glaubte: „Mein Freund und ich haben eine offene Beziehung. Und es klappt.“
Dieses Paar ist überzeugt: Die offene Beziehung klappt
Schon beim ersten Treffen erfuhr ich: Die beiden sind Ende 30, seit sechs Jahren zusammen, haben die letzten Jahre zusammen in Barcelona gelebt und sind vor zwei Jahren nach Berlin gezogen. Dass sie nicht monogam leben wollen, wussten beide relativ schnell. „Ich hatte monogame Beziehungen, das hat aber nie dauerhaft geklappt. Man kann doch nicht immer nur auf den eigenen Partner Lust haben, wenn man es aber krampfhaft versucht, verursacht das Stress“, sagt Maria. Glaubt man Umfragen – auch im eigenen Freundeskreis – kann man das tatsächlich nicht. Und manchmal, so ist es gerade bei Maria, hat man schlicht gar keine Lust, nicht auf Dreier, Vierer oder schlicht Sex mit anderen. Erlaubt ist bei den beiden jede Variante. Ihr Freund sei da gerade die treibende Kraft. Oha, ein Konflikt, dachte ich sofort. Er will, sie nicht. Das kann ja nicht gut gehen. Kann es doch. „Ich hatte meine wilde Zeit, in Spanien habe ich ständig Typen kennengelernt und hatte auch häufig Sex mit anderen. Hier, in Berlin, kommt mein Freund irgendwie besser bei den Frauen an. Und hey, er hat gerade Spaß dran, warum soll ich ihn davon abhalten?“
Maria glaubt: Monogamie klappt selten – warum es also probieren?
Das klingt natürlich alles irgendwie einleuchtend. Warum soll man den anderen von etwas abhalten, das erstmal nichts ist, was die Beziehung zerstört. Nun ja – Eifersucht zum Beispiel? Kürzlich treffe ich Maria wieder. Und wollte mehr wissen. „Eifersucht ist Quatsch, das habe ich mir komplett abgewöhnt“, sagt Maria da ganz ernst. Aber wie, liebe Maria, soll man sich das denn abgewöhnen? Diese Ernsthaftigkeit, mit der sie das Ganze verkauft, macht mich ein bisschen verrückt. Ich bin ja auch abenteuerlustig, habe viel Sex mit vielen Menschen und habe eigentlich auch null Bock, einen Partner körperlich nur an mich zu binden. Und mich an ihn. Aber wie soll man denn jegliche Form von Eifersucht abstellen, wenn der Mann, den man liebt, mit einer anderen Frau durch die Laken tobt? Sie vielleicht sogar echt super findet? „Ich weiß, dass er mich liebt und mit mir zusammen sein will. Und wir haben die Verabredung: Keine Frauen, die Stress in unsere Beziehung bringen. Sprich, die mehr wollen als nur mal Sex oder sich gar verlieben. Dann wird die Sache sofort beendet.“ Genau das sei einmal passiert, eine Frau habe sich in ihren Freund verliebt, wollte ihn öfter sehen, es wurde unentspannt, für alle Beteiligten. Doch ihre Liebe hielt stand, denn die war größer als das Gefühl für die andere Frau, sagen beide.
Mittlerweile hat Maria keine Lust mehr, sich jedes Detail seiner Liebschaften anzuhören. Früher habe sie immer alles genau wissen wollen. Im Laufe der Jahre habe sich mal seine, mal ihre Sicht auf die Dinge verändert. Ebenso wie die Lust auf andere Sexpartner, die sei eben mal mehr, mal weniger stark. Die Kunst sei es doch, auf diese Veränderungen zu reagieren. Und darüber zu reden. „Klar, wir streiten uns auch mal. Aber auch da haben wir gelernt, dem anderen zuzuhören, statt nur mit irgendwelchen Vorwürfen um sich zu schmeißen. Denn meistens ist man ja sauer oder frustriert, weil man irgendeine Unsicherheit mit sich rumschleppt. Entscheidend ist, dass wir zusammen sein wollen und Zeit und Geduld in unsere Beziehung investieren. Alles andere sortiert sich drum herum.“
Das Geheimnis: Genug Liebe mit genug Freiheit?
Man muss sich einfach also einfach genug lieben, oder vielmehr sich der Liebe des anderen sicher genug sein, um ihn dann und wann gehen zu lassen? Weil man weiß, er kommt zurück? Trifft man Maria und ihren Freund zusammen, ist es ziemlich offensichtlich: Die beiden kennen sich in- und auswendig, spielen keine Spielchen, agieren absolut eingespielt und sind einander gleichzeitig sehr zugewandt. Sie strahlen fast eine Art Überlegenheit aus. Das ist ein Ding. Vielleicht ist ein Geheimnis ihres Offene-Beziehung-Erfolges, dass sie relativ schnell angefangen haben, darüber zu sprechen. Sich gleichzeitig aber ein paar Jahre des Zusammenseins gegönnt haben, bis sie den anderen ziehen ließen und gleichzeitig ihre Regeln definierten. Ob ich das könnte, in der Form, weiß ich trotzdem nicht. Und ich weiß auch nicht, ob ich mir Eifersucht wirklich abgewöhnen will. Und natürlich, das weiß auch Maria, ist auch sie nicht davor gefeit, dass sich ihr Partner eines Tages in eine andere Frau verliebt. Oder sie in einen anderen Mann. Regeln hin oder her. Aber das gilt für Paare, die sich der Monogamie verschrieben haben, am Ende ja genauso. Doch was würde passieren, wenn sich die Gefühle wieder ändern – und einer von beiden plötzlich doch eifersüchtig oder unentspannt wird und keine Lust mehr auf eine offene Beziehung hat? Das wüsste sie auch nicht genau, sagt Maria. Und besonders wahrscheinlich sei das nicht. „Aber wenn doch, dann würden wir auch darüber sprechen. Und versuchen, eine Lösung zu finden.“
Nun ja: Gut, dass ich da mal nachgefragt habe. Weitere Fragen an andere Paare werden folgen.
Eure Mascha