Eigentlich gibt’s das nur im Märchen. Oder in Büchern, in denen Kinderträume wahr werden. Aber jetzt, an der Busseallee 35 in Zehlendorf, schwebt Stefan Ehebald über seinen Garten, in etwa drei Metern Höhe, bis er sich am Ast eines Kirschbaumes festhält. „Wenn die Knupperkirschen reif sind“, ruft er, „kann ich sie im Vorbeiflug pflücken.“ Lässt wieder los, schwebt mit Schwung weiter bis zum Landeplatz im Baum oberhalb des Basketballkorbes. Steht auf der Plattform seiner Gartenseilbahn, die er gerade entlanggesaust ist, und weist hinüber zum Piratennest in der Astgabel am Badeteich. Stefan Ehebald ist 62 Jahre alt, Psychotherapeut und ein erfinderischer Kopf, der mit Leidenschaft zweierlei verbindet: die Kunst des Gartengestaltens mit Freude an Sport und Spiel.
Die Gartenoase am Haus hat er also nicht nur für David und Sandro, seine zwei Jungs, angelegt. „Aber hallo“, sagt Ehebald, „natürlich auch für den großen Jungen in mir.“
Druck auf die Klingel, eine Villa von 1903, gründerzeitlich verziert. Am kommenden Wochenende sind Besucher hier an beiden „Tagen der Offenen Gärten“ willkommen. Nun rechts am Haus und Pingpongtisch vorbei zu Ehebalds 700-Quadratmeter-Paradies auf der Rückseite. Und erst mal von der erhöhten Terrasse aus einen Überblick gewinnen. Jede Menge Möglichkeiten zum Spielen, Klettern und Toben sind in diesen Garten eingebaut, die man auf den ersten Blick gar nicht wahrnimmt.
Beeren naschen beim Schwimmen
Linkerhand gluckst und murmelt ein Bach einen felsigen Hügel hinab. Ehebald hat das Mini-Gebirge aus Findlingen gebaut und mit bunten Steingartenblumen bepflanzt. Hat kleine Staubecken und Wasserfälle angelegt und so lange mit Abrisskanten und Laufrinnen für die Fluten seines Baches experimentiert, bis dieser sanft die Steine umspülte und jeder Wasserfall sogar noch einen etwas anderen leisen Ton erzeugte.
Was lässt sich von der Terrasse aus zwischen erdbeerbepflanzten Baumscheiben, aufgeblühtem Flieder, dem Rasen für Federball und Boule und den Beeten mit Akelei, Geranien oder Stauden noch so alles entdecken? Kletterstangen und Kletterseil, Reckstange, Baumhäuser und -plattformen, Schaukeln, ein Flaschenzug, die Seilbahnen und natürlich der Badeteich mit dem balinesischen Pavillon am Ufer.
Stefan Ehebald läuft jetzt die Treppen zum Rasen hinab, um seinen Teich vorzustellen. Eigentlich wollte er ja mal Architekt und Planer werden, deshalb hat er auch hier an alles gedacht. Also – zweieinhalb Meter ist das Gewässer tief. Rotgoldene Fische flitzen im Schwarm hin und her. Ein Metallmast mit Tritten zum Hinaufklettern neigt sich über den Teich. An der Spitze baumelt eine Strickleiter. Man kann auf Steinbänken im Wasser ausruhen und – die feinste Raffinesse – sogar beim Schwimmen Walderdbeeren naschen, die am Teichrand wachsen.
High Five auf der Seilbahn
Beispiel Schaukel. Gibt’s nur eine, müssen Kinder ungeduldig abwarten, bis sie dran sind. Also hat er gleich zwei hingestellt. Beispiel Seilbahn. „Ich saß einst auf der Terrasse und dachte: Schwebebahnen müsste es noch geben“, erzählt Ehebald. Am besten eine über den Teich zum Abspringen und eine über den ganzen Garten. Letztere gleich doppelt nebeneinander mit genau berechnetem Abstand. Warum? Das führen David und sein Freund gleich mal vor. Sie starten von beiden Seiten, begegnen sich in der Mitte. „High Five“-Handschlag im Vorbeifliegen.
Die Sonne bringt die rötlichen Blätter des Schlitzahornstrauches, den Ehebald besonders liebt, zum Leuchten. Doch er erzählt gerade vom strengen Winter 2011/12, als es letztmals kalt genug für seine Bobbahn war, die in Kurven durch den Garten führte. 70 Meter lang. Aus Schnee gebaut. Er hat sie so lange mit Wasser berieselt, bis alles zu festem Eis erstarrte. Es war eine Attraktion.