Eine Reise in die Pankower „Innenstadt“ beginnt häufig mit der Bahnfahrt zum gleichnamigen S- oder U-Bahnhof, meist fahrplanmäßig und nicht per Sonderzug. Schon 1880 verfügte die Eisenbahnroute Berlin-Stettin über einen Haltepunkt an der Flora- / Ecke Berliner Straße. Das bis 1920 selbstständige Pankow war beim Bau der Eisenbahn die nächste größere Siedlung an der Strecke nach Stettin. 1912 bis 1914 wurde das heutige Bahnhofsgebäude errichtet: Mit dunkel-violetten Klinkern verblendet, umfasst der Komplex ein Empfangsgebäude mit Satteldächern und ein Wohnhaus mit Schmuckelementen. 1997 wurde die Fassade des Gebäudes saniert, wobei man die historische Uhr und die Eingangstüren mit den schmiedeeisernen Gittern nach originalen Bauzeichnungen rekonstruierte.
Die älteste Berliner Straße der Stadt
Dort, wo sich die Stettiner Bahn mit der Berliner Straße kreuzte, herrscht heute reges Treiben. Rund um den Bahnhof tummeln sich Reisende und Umsteiger, über die Berliner Straße rauscht der Autoverkehr – sie ist die schnellste Verbindung vom Ortskern Pankow ins Berliner Stadtzentrum. Acht „Berliner Straßen“ gibt es in der Stadt, diese ist die älteste. König Friedrich I. von Preußen ließ um 1700 den Sandweg vom Schloss Schönhausen in die weit entfernte Stadt befestigen und mit Linden bepflanzen. Die S-Bahn-Trasse durchschneidet Pankow und die Berliner Straße wie ein Flusslauf. Vom Bahnhof aus kann man zwar die Durchfahrts-Trasse zur Innenstadt entlangwandern, aber viel Charmantes lockt nicht in Richtung Süden. Hier gibt es nicht mal mehr die zwar nicht schöne, aber bunte und scheinbar praktische Mischung aus Döner- und Asia-Läden, Handy-Shops und Autohändlern, die den nördlichen Abschnitt der Straße prägt. Ein Mosaik auf dem Boden vor der Hausnummer 27 erinnert an das Tivoli, das als erstes Kino Deutschlands gilt. An diesem Ort wurden im November 1895 im Ballsaal des Ausfluglokals Feldschlößchen erstmals die Werke der Pankower Brüder Skladanowsky gezeigt. Das dann 1925 erbaute Filmtheaterhaus wurde 1994 geschlossen. Alle Versuche, das Kino wiederzubeleben, scheiterten; 2003 wurde es abgerissen. Auf dem Grundstück befindet sich heute ein Discounter.
Wer vom Bahnhof aus die Berliner Straße in Richtung Dorfanger hinauf geht, wird oft geleitet von Menschen mit Büchern unterm Arm oder im Rucksack. Sie sind auf dem Weg zur Janusz-Korczak-Bibliothek. Die Bücherei ist seit 2001 in dem umfangreich rekonstruierten ehemaligen Jüdischen Waisenhaus untergebracht, das der Pankower Zigarettenfabrikant Josef Garbáty-Rosenthal bis 1913 errichten ließ. Hier lebten, lernten und beteten zeitweise bis zu 100 Kinder. Ein besonderes Schmuckstück des Hauses ist die aufwändig restaurierte Kassettendecke des Betsaales in der dritten Etage. Viele Kinder aus dem Waisenhaus wurden deportiert und starben. Heute erinnert eine Gedenktafel an die ermordeten Juden aus Pankow.
Das Areal nördlich der Bahn umfasst den wesentlichen Teil Alt-Pankows zwischen dem S- und U-Bahnhof Pankow und dem S-Bahnhof Wollankstraße. An der Bebauung sind die Spuren der verschiedenen Siedlungsphasen deutlich ablesbar: Es finden sich Villen, Gründerzeitbauten, Wohnhäuser aus den 30er-Jahren und Plattenbauten. Vorgärten und baumbestandene Straßen prägen das Ortsbild. Richtig idyllisch wird es am Alt-Pankower Ortskern, auf der Angerfläche mit grünen Wegen zum Schloss und zum Bürgerpark. Das Herz Pankows schlägt ganz offensichtlich hier. Die Straßenbahnen quietschen an der Kirche um die Ecke, das Rathaus und der Markt locken die Menschen genauso hierher wie die Geschäfte am Anger an der Breiten Straße und an der Berliner Straße. Gegenüber dem Rathaus-Center mit seinen rund 80 Fachgeschäften lädt der Bleichröderpark zum Verweilen ein. Auch gefeiert wird hier rund um den Anger: Seit 15 Jahren gibt es neben der Kirche die Pankower Kunstaktion.