Grundschule droht Schließung

Beim Brandschutz ungenügend

Wohnen im Klassenzimmer, wenn längst alle Schüler gegangen sind: Eine Hauswächter-Vermittlung macht's möglich.
Wohnen im Klassenzimmer, wenn längst alle Schüler gegangen sind: Eine Hauswächter-Vermittlung macht's möglich.
Die Peter-Witte-Grundschule in Reinickendorf muss voraussichtlich in wenigen Jahren schließen, nachdem schwere Mängel beim Brandschutz bekannt geworden sind. Die Schüler und ihre Eltern wurden im Zuge der Zeugnisvergabe über die Situation informiert.

Der Schock bei Kindern, Lehrern und Eltern sitzt tief. Mit den Zeugnissen bekamen die Schüler der Peter-Witte-Grundschule in Wittenau am Dienstag ein Rundschreiben des Bezirksamtes, dass die populäre Bildungsstätte an der Rathauspromenade wegen Brandschutzmängeln schließen muss. Die Reinickendorfer SPD will nun wissen, wie gut die anderen Schulen des Bezirks im Falle eines Brandes geschützt sind.

Ursprünglich sollte die Grundschule in den Sommerferien für 1,5 Millionen Euro energetisch saniert werden. Doch ein Brandschutzgutachten deckte so gravierende Mängel auf, dass die Schule nicht in der bisherigen Form weiterbetrieben werden kann, heißt es in dem Rundbrief. Die Baumaßnahmen zur Behebung würden etwa 6,5 Millionen Euro kosten, die der Bezirk „weder in diesem noch in den kommenden Jahren“ zur Verfügung habe. Der hohe Betrag kommt dadurch zustande, dass bei den nötigen Arbeiten Asbest freigesetzt würde und beseitigt werden müsste, erklärte Bürgermeister Frank Balzer (CDU).

Überraschung bei Eltern und Lehrern

Schulleitung und Elternvertretung waren bereits am Montag, einen Tag vor der Versendung des Rundschreibens, bei einem Gesprächstermin im Rathaus informiert worden. Man sei völlig überrascht, sagte die Vorsitzende der Gesamtelternvertretung, Ines Krause. Bei wiederholten Hinweisen auf das Fehlen einer Fluchttreppe sei stets auf den Bestandsschutz verwiesen worden. Jetzt wurde den Eltern eröffnet, dass neben fehlenden Rettungswegen auch das komplette Tragwerk des Schulgebäudes brandschutztechnisch saniert werden müsste. Laut Baustadtrat Martin Lambert (CDU) erlischt der Bestandsschutz aufgrund der geplanten Sanierung, da das Gebäude 1972 unter anderen rechtlichen Rahmenbedingungen erbaut worden sei. Die Bauaufsicht stieß beim Öffnen von Decke und Fassade darüber hinaus auf ungeschützte Stahlkonstruktionen, die schon damals unzulässig waren.

Vorerst bleibt für die 300 Schülerinnen und Schüler zumindest der Schulweg derselbe. Um die Schulkinder nicht auf andere Schulen verteilen zu müssen, hat das Bezirksamt entschieden, den Betrieb weiterzuführen, jedoch ab 2013 keine ersten Klassen mehr einzurichten. Über den Sommer sollen für rund 150.000 Euro provisorisch eine Fluchttreppe und Türdichtungen installiert, Fenster repariert und Brandgefahren auf den Fluren entschärft werden. Die dritte Etage wird umgehend geschlossen, drei Klassen ziehen in den Hortbereich.

Schließung, Sanierung oder Neubau

Die Übergangslösung gilt jedoch nur zwei Jahre lang, mit einer einmaligen Option auf zwei weitere Jahre. Laut Bürgermeister Balzer soll bis 2013 neu geprüft werden, ob es bei dem Auslaufmodell bleibt oder der Bezirk das notwendige Geld für die Sanierung oder einen genauso teuren Abriss und Neubau auftreiben kann. Dabei wird auch die Entwicklung der Schülerzahlen berücksichtigt. Die Witte-Schule ist eine von nur vier Gebundenen Ganztagsschulen in Reinickendorf – viele Kinder stehen auf der Warteliste. Die Mehrzahl der Schüler wohnt aber nicht im direkten Einzugsbereich.

Am Nachmittag protestierten rund 100 Eltern und Kinder gegen die Schließung der Schule und wurden von Balzer im Rathaus empfangen. Sie fordern die Beibehaltung des erfolgreichen pädagogischen Konzepts. Die Schule habe das Ganztageskonzept bestens umgesetzt, es werde von einem perfekt funktionierenden Team aus Lehrern, Erziehern und Eltern „gelehrt und gelebt“, sagte Ines Krause.

Unverständnis rief die Tatsache hervor, dass die Mängel beim Brandschutz dem Bezirksamt im Gegensatz zur fehlenden Fluchttreppe nicht bekannt waren. Außerdem waren bei der Teilsanierung der nahezu baugleichen Hanna-Hösch-Grundschule zwischen 2003 und 2005 ähnliche Mängel entdeckt und beseitigt worden. „Angesichts der sinkenden Schülerzahlen kommt dem Bezirk die Möglichkeit zur Schließung eines Standortes möglicherweise gerade recht“, vermutet SPD-Fraktionschef Gilbert Collé. Nun sei eine Überprüfung des Zustands der anderen Bildungsstätten im Bezirk fällig.


Quelle: Der Tagesspiegel

Peter-Witte-Grundschule, Rathauspromenade 75, 13437 Berlin

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