Ungewöhnlich für die Ohren der meisten klingt der erste Satz, den Lehrerin Angelika Münch morgens an ihre Klasse richtet: „IPads raus – der Unterricht beginnt.“ Die 19 Schüler der siebten Klasse finden diese Aufforderung völlig normal. Im Klassenraum der Poelchau-Schule in Charlottenburg liegt der Tablet-Computer schon bei allen Kids auf dem Tisch. Es ist ihre erste Unterrichtsstunde an diesem Morgen, doch hinter ihnen liegen bereits zwei Stunden Sporttraining. Sie alle sind entweder Hockey-Spieler oder Schwimmer auf hohem Leistungsniveau. Fast jeder von ihnen ist in der Landesauswahl, die Poelchau-Schule gilt als Eliteschule des Sports. In diesem Moment jedoch geht es nicht um Tore oder Bahnen, sondern um Literatur: „Bitte öffnet jetzt alle das Notiz-Programm, wir wollen die Merkmale von Märchen notieren“, fordert Münch die Schüler auf.
Eine Premiere ist der Unterricht mit dem iPad, denn die Siebtklässler der Sportschule sind laut Selbstauskunft Berlins erste iPad-Klasse. Jeder Schüler bekommt für vier Jahre ein iPad zur Dauerleihgabe. “Weil der Sportkalender sich nicht nach dem Ferienkalender richtet und die Schüler viel unterwegs sind, bringt das iPad viele Vorteile mit sich“, so Rüdiger Barney, der Schulleiter. Acht Wochen dauerte die Testphase, in der die Kinder zunächst den Umgang mit dem Gerät erlernten.
Lerninhalte rufen die Schüler per iPad aus dem Internet ab
Über die Vorteiles des iPads muss Hockeyspieler Dennis Hennig nicht nachdenken: „Ich finde toll, dass man jetzt seine Hausaufgaben unterwegs machen kann“, findet der Dreizehnjährige. Die angehenden Sportler können nun auch im Trainingslager oder auf einem Turnier Aufgabenblätter bearbeiten, ausfüllen und ihrer Lehrerin zurückschicken. Damit es auf den vielen Reisen nicht kaputtgeht, hat jeder Schüler eine Schutzhülle bekommen. Die werden sonst vom amerikanischen Militär im Einsatz benutzt, sie schützen das iPad gegen Stürze.
Spiele und Apps durften die Schüler in der Testphase zuhauf herunterladen. Mittlerweile jedoch wurden die Inhalte der iPads zum Teil gelöscht und synchronisiert. Jetzt entscheiden nur noch die Lehrer, worauf die Kinder Zugriff haben, schließlich sollen sie nicht zu sehr vom Unterricht abgelenkt werden. Deshalb nutzen alle eine sogenannte Cloud (“Wolke“), einen digitalen Speicherplatz im Internet. Über die Cloud steuern die Lehrer die Inhalte und geben sie frei. Die Schüler können hier nicht nur Arbeitsblätter herunterladen, sondern auch Hörtexte, Bilder und Videos aufrufen, die im Unterricht genutzt werden. “Das ist besonders von Vorteil, weil die Schüler wegen des Sports oft nicht anwesend sind“, sagt Carmen Schucker. “Außerdem wird der Unterricht durch das iPad sinnlicher gestaltet und die Kinder können sich vieles besser einprägen“.
Berliner Sparkasse und Apple sind Sponsoren
„Man muss nicht so viel schleppen wie vorher, denn man kann Arbeitsblätter fotografieren und übers iPad ausfüllen“, erklärt die Schülerin Amelie Baehr. „Das ist toll, wenn man wegen einem Trainingslager oder einem Turnier nicht da sein kann“, so die zwölfjährige Schwimmerin.
Das Pilotprojekt „iPad-Klasse“ kam über „CidS! – Computer in die Schulen“ zustande, es wird ohne öffentliche Fördermittel finanziert. Die Berliner Sparkasse ist der Hauptsponsor, finanzielle Unterstützung kommt auch von Apple. Durch 600 Euro pro Gerät – 19 für die Schüler, fünf für die Lehrer – beläuft sich die Summe auf gut 15.000 Euro. „Sollte der Unterricht mit dem iPad gut laufen, kann es sein, dass wir versuchen werden, sukzessive auch andere Klassen mit iPads auszustatten“, sagt Barney. Bevor es aber an diesen Schritt geht, müssen erst einmal die Erfahrungen ausgewertet werden.