Der Saal des Lido ist knackevoll. Eine Hälfte des Publikums sitzt auf Klappstühlen, die andere verteilt sich links und rechts im Halbdunkeln. Ob an der Wand lehnend, vor der Bar hockend oder sogar auf der Bühne sitzend – der Raum ist gefüllt mit Leuten, die sich das dienstagabendliche Poesie-Event nicht entgehen lassen wollen. Wir sind eine Stunde vor Beginn da. Das sichert uns gerade noch so einen Platz am Rande der Bühne. Es ist schon ein wenig komisch, als Zuschauer im Rampenlicht zu sitzen. Aber gut, mal sehen – oder besser gesagt: hören, was der Abend noch so bringt!
In der ersten Runde treten, thematisch gesprochen, ein Apple-Handys abschießender Wilhelm Tell, ein sich mit dissenden Narzissen und Ölpipelines herumschlagender Flower-Power-Poet und ein in einem Mordstempo schnauzender Berliner, der die Speisekarten in Bayern nicht versteht, gegeneinander an. Zwischenbilanz: Die Berliner können jut über sich selbst lachen und jenau deshalb bestümmen sie och Tilman Birr und sein bayerischet Abenteuer als Jewinner.
Alltagsgeschichten im richtigen Versmaß
Weiter kommt dann aber doch Julian Heun. Mit seinen stotternden und schweißdurchtränkten Annäherungsversuchen ans weibliche Geschlecht können sich wohl so einige identifizieren. Da können im Finale weder Tilman Birr (Deutscher Kabarettpreis 2013), noch Nick Pötter mit seiner Geschichte zu Hermes, dem Götterboten, oder die Studentin Leonie Warnke, die mit dem Hauptfach Kulturwissenschaft dem Club der Anonymen Aussichtslosen angehört, mithalten.
Fazit des Abends: Holla die Waldfee, so viel Talent auf einem Haufen und eine so geschickte Poetisierung von Alltagssituationen, in denen man sich an der ein oder anderen Stelle durchaus wiederfinden kann, ist schon ein Ohrenschmaus!
Wenn du dich gern selbst von den Dichtkünsten im Lido überzeugen möchtest, dann hast du immer am ersten Dienstag im Monat um 20.30 Uhr die Gelegenheit dazu. Der Eintritt kostet 5 Euro, es sind keine Reservierungen möglich.