Es folgt eine gute Nachricht für Freunde des alten „Ponte Vecchio“. Valter Mazza will es mit 65 Jahren noch mal wissen und hat das „Ponte“ in Schöneberg eröffnet. Das behagliche Ecklokal in der Regensburger Straße hat eine dunkle Holztäfelung, die Tische sind jedoch wie früher einfach und klassisch weiß gedeckt. Im Sommer kann man auf der Terrasse sitzen und einen separaten Raum für Geschäftsessen oder private Feiern gibt es auch. An den Wänden hängen Bilder, die von Mazzas Frau stammen, darunter ein Porträt, das den Patron in seinen 50ern zeigt und nicht zum Verkauf steht. Zu jener Zeit war Mazza einer der Lieblinge der West-Berliner Intelligentsia und sein Restaurant in der Nähe der Deutschen Oper fast jeden Abend zweimal ausgebucht.
Eigentlich wollte er 2011 in seine italienische Heimat zurückkehren, hatte dann jedoch gemerkt, dass sein Herz Berlin gehört. So legte er ohne es groß anzukündigen den Neustart hin, der sich nach und nach herumspricht bei den alten Stammgästen, während neue aus der Gegend hinzukommen. Normalerweise achtet man als Kritikerin penibel darauf, nicht erkannt zu werden. Ich wäre beinahe damit durchgekommen, obwohl das Ponte Vecchio in den 1990ern eins von zwei Lokalen war, in denen ich unter meinem eigenen Namen ein und aus ging. Aber einige Insider-Fragen haben mich entlarvt, weil ich unbedingt erfahren wollte, wie es zu der Neugründung kam. Valter Mazza hat sich also ein komplett neues Team zusammengestellt, der ehemalige Koch liefert aber noch die Lebensmittel.
Der Aperitif, ein großartiger Prosecco rosé, wurde von köstlichen Crostini mit Pilz-Parmesan-Mousse, Oliven und Essiggemüse begleitet. Wie früher geht Mazza von Tisch zu Tisch und erklärt genüsslich und in vertraulichem Tonfall die umfangreiche und vielfältige Tageskarte. Da erwartet einen dann getrüffelte Pasta, und Frischling wie Flusskrebse zeigen, was man auf dem Markt alles bekommt. Die persönliche Ansprache, die jedoch stets unaufdringlich bleibt, gehörte schon zu den Markenzeichen des Ponte Vecchio. Und es lohnt sich auch heute noch, den Empfehlungen zu folgen.
Kontinuierlich gut
Die Artischocken im Sud waren zum Dahinschmelzen, der Sud mit der Essenz des Artischockengeschmacks konnte man fast als Suppe bezeichnen (10,50 Euro). Obwohl es keine Vorgaben für die neuen Köche gibt, erinnert das Vitello Tonnato doch an das geliebte Ponte Vecchio: sehr gute Thunfischsauce auf rosa gebratenem Kalbfleisch mit kleinen Kapern als Sahnehäubchen. Die saftig gegarten Doradenfilets waren ebenfalls in einer feinen Kapernsauce angerichtet, als Beilagen gab es Spinat, Zucchini und Möhren, alles al dente und von ausgesuchter Qualität (17,50 Euro). Am allerbesten mochten wir die knusprigen gegrillten Wachtelteile in einer scharfen Olivenölsauce mit feuerroten Peperoncini. Sie waren von angenehmer Schärfe, leicht geröstete Rosmarinkartoffeln und Gemüse besänftigten das Feuer (17 Euro).
Die Portionen sind so dimensioniert, dass man in drei Gängen gut satt wird. Zum Nachtisch empfiehlt der Patron die flambierten Feigen mit Vanilleeis, eine echte Delikatesse, gleichzeitig süß und doch leicht. Auf Nachfrage bekamen wir auch den alten Klassiker, Eis mit frischen Beeren, die ebenfalls von einwandfreier Qualität waren. Die Weinkarte ist noch überschaubar, aber kenntnisreich erstellt. Uns gefiel der leichte Pinot Grigio als zurückhaltender, angenehmer Begleiter zum Essen (18 Euro).
Die Haare des Patrons sind inzwischen weiß, doch ansonsten sieht er seinem Porträt noch recht ähnlich, der Akzent ist ohnehin genau derselbe geblieben. Mazza hat seine eigene Identität gefunden, seine Zielgruppe charakterisiert er so: Menschen, die Kontinuität lieben und einen gewissen Komfort zu schätzen wissen. In der Stadt des kontinuierlichen Wandels sollte es daran nicht mangeln. Manchmal werden Kritiker gebeten, nichts zu veröffentlichen, damit ein Restaurant ein Geheimtipp bleibt und nicht überrannt wird. Das ist zwar verständlich, aber für gute Nachrichten gilt mehr noch als für schlechte: Oft kann man sie einfach nicht für sich behalten.