Nachhaltigkeit fängt im Ryke bereits bei den kleinen Dingen an, deshalb wird das sehr gute Berliner Leitungswasser hier filtriert und kommt dann mit oder ohne Kohlensäure auf die Tische. Wie konsequent das Restaurant sein nachhaltiges Konzept durchzieht, merkst du aber erst so richtig beim Blick in Speisekarte. Diese ist klein und übersichtlich, weil sich alles nach der jeweiligen Saison richtet und die Produkte aus dem Umland stammen. Fisch von 25Teiche, Fleisch von Artgerecht & Glücklich, Gemüse von Plattform 2020: Die Qualität hebt sich deutlich vom Durchschnitt ab und zugleich wird der ökologische Fußabdruck so gering wie möglich gehalten.
Das Küchenteam rund um Küchenchef Roman Schönberger macht gern selbst Ausflüge auf Wiesen und in Wälder. Dabei entdecken sie immer wieder neue Pflanzen und Kräuter, die dann Teil der Kulinarik im Restaurant werden. So entsteht ein Dessert mit Fichtensprossen und ein anderes mit Lerchenspitzen. Alle zwei bis drei Wochen kommt ein neues Gericht auf die Karte. Vieles wird eingelegt und eingeweckt, sodass saisonale Zutaten das ganze Jahr über verwendet werden können. Diese traditionellen Aufbewahrungsmethoden erlernte Roman von seiner Mutter. Die Familie hatte einen kleinen Garten in der Heimat Kasachstan: Dort säte, erntete, trocknete oder weckte man ein, um auch in den kalten Wintermonaten von den Früchten des Sommers zu profitieren.
Hinter Küchenchef Roman, der sich um das kulinarische Wohl der Gäste kümmert, steht Gastronomin Xiaofen Fan, die auch das Ramen x Ramen betreibt. Die beiden haben sich zusammengetan, um den ehemaligen Standort von Fans Asia-Fusion-Restaurant Akemi mit dem Ryke ganz neu zu beleben. Der Restaurantname ist eine Hommage an den Kiez: Die Rykestraße, benannt nach einem Berliner Bürgermeister aus dem 14. Jahrhundert, gilt dank der Prachtbauten als einer der schönsten Orte der Hauptstadt. Und so nimmt man hier gerne Platz auf der großen Terrasse mit bestem Ausblick auf die Umgebung und die Leute.
„Wir möchten uns mit dem neuen Konzept an unsere unmittelbare Nachbarschaft wenden“, sagt die aus Shanghai stammende Mutter einer Tochter, „die Menschen sollen sich wohlfühlen und bei ehrlicher, nachhaltiger und gesunder Küche ein Gefühl von Gemeinschaft verspüren.“ Neben den regulären Dinner-Abenden ist jeden Sonntag Familientag – da ist das Restaurant bereits mittags geöffnet. Du genießt ein wechselndes Gericht in Gedenken an den guten, alten Sonntagsbraten. Natürlich wird hier der hohe Qualitätsanspruch der Woche fortgesetzt.
Zum Auftakt stoßen wir an diesem herrlichen Sommerabend mit einem kühlen Frizzante an! Dann starten wir mit den Austern (15 Euro) aus deutscher See. Durch Holunder erhalten die eine leichte Süße, ohne dass der feine Meergeschmack übertönt wird, während Gurke für einen extra Frische-Kick sorgt – großartig! Wir teilen uns anschließend den fabelhaften Kabeljau mit fermentiertem Spargel, frischen Erbsen und Kalbsfuß (19 Euro). Für Geschmacksvielfalt sorgt der knackige Spitzkohl mit Heidel- und Johannisbeere, Bergkäse sowie Haselnuss (13 Euro). Dazu trinken wir einen georgischen Orangewein sowie einen unfiltrierten Chardonnay aus Rheinhessen. Die Weine stammen alle aus Europa und sind ökologisch erzeugt. Ob Klassiker oder Naturwein: Für jeden ist etwas dabei! Dafür trägt die erfahrene Sommelière und Weinenthusiastin Kati von Flocken die Verantwortung.
Weiter geht’s mit dem Stör, der mit Räucheraal, Ei und Kartoffel (32 Euro) daherkommt und uns schnell vergessen lässt, dass Berlin nicht am Meer liegt. Deine Fleischeslust wird dann spätestens mit dem Shortrib (30 Euro) gestillt. Die Rippe liegt in einem aromatischen Sud, der stark an den osteuropäischen Suppenklassiker Borschtsch angelehnt ist. Das Ganze wird dann noch von einem mit Schweinefleisch gefüllten Piroschki mit Schmand begleitet. Die meisten Desserts sind dir zu süß? Dann wirst du im Ryke glücklich: Zurzeit gibt es ein Apfel-Nachgang mit einem cremigen Eis aus dem Blatt und der Wurzel der Petersilie (12 Euro) – und als wäre es nicht abgefahren genug, wird das Ganze noch mit Senfsaat verfeinert. Klingt crazy, ist es vielleicht auch, aber es schmeckt großartig!
Obwohl die tolle Terrasse unser Lieblingsort im Sommer ist, kannst du im Ryke auch wohlige Stunden verbringen, wenn es mal regnet oder im Herbst wieder kälter wird. Das garantiert das wunderbare Einrichtungskonzept vom renommierten Innenarchitekturbüro Atelier Raumfragen. Warme, einladende Vibes nehmen hier ebenso Gestalt an wie der Nachhaltigkeitsansatz des Ryke. So wurde auf zwei Wänden ein rötlicher Putz aus gemahlenem Bauschutt aufgetragen. Die Sitzpolster sind aus recycelten Textilien und die Rückenpolster aus Apfelleder. Die wunderschöne, handgefertigte Tableware stammt von der Frankfurter Keramikkünstlerin Viola Beuscher. Und der Künstler Timo Heijnk hat zwei Objekte geschaffen, die wie Gedankenwolken aussehen – und dem minimalistisch-funktionalen Interior coole Akzente verleihen. Ein Highlight ist auch der abgerundete Tresen, der mit handgefertigten Terrakotta-Fliesen verkleidet wurde.
Eine Pinnwand aus Schwarzkork bietet dir übrigens die Möglichkeit, Rezeptvorschläge oder besondere Geschichten, die du mit einem Gericht verbindest, zu teilen. Wenn du magst, kannst du also gern Ideen hinterlassen und findest vielleicht bei deinem nächsten Besuch eines aus deiner Heimatküche inspiriertes Gericht wieder! Kleine Vorwarnung: Im Ryke wird es vermutlich sogar noch besser schmecken, als du es in Erinnerung hast!