Aids-Prävention

Safer Sex: Diese Pille schützt dich vor HIV

Blaue Tablette auf einer Hand
Das PrEP genannte Medikament schützt vor einer HIV-Infektion und ist genauso wirksam wie ein Kondom.
Lange galt das Kondom als einzig wirksame Methode, um sich vor einer Infektion mit dem HI-Virus zu schützen. Nun hat sich ein Medikament in der queeren Community etabliert, das ebenso wirksam ist, aber heiß diskutiert wird. Die sogenannte PrEP soll ab September sogar Kassenleistung werden.

Eine Pille, die zuverlässig vor einer HIV-Infektion schützt: Seit knapp drei Jahren ist diese sogenannte Prä-Expositions-Prophylaxe, kurz PrEP, in Europa zugelassen. Laut Studien ist der Schutz durch die Pille davor genauso hoch wie bei der Benutzung eines Kondoms – vorausgesetzt das Medikament wird korrekt eingenommen. Vor allem unter den Schwulen, immerhin eine der Hauptrisikogruppen, brach Jubel aus. Bisher konnte das Medikament aber nur auf Privatrezept verschrieben werden. Ab September übernehmen die Gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für Menschen mit erhöhtem HIV-Risiko. Doch nicht alle sind vom Segen der PrEP überzeugt. Das Thema wird innerhalb der Community kontrovers diskutiert.  

PrEP wird immer beliebter

Es gibt zwei Varianten: Eine dauerhafte und eine anlassbezogene PrEP. Bei der dauerhaften PrEP wird täglich eine Tablette eingenommen. Bei der anlassbezogenen PrEP, zum Beispiel während eines Urlaubs, muss das Medikament nach einem fest vorgegebenen Schema und bereits etwa 24 Stunden vor dem Sex eingenommen werden. 

Als das Mittel auf den Markt kam, kostete die Monatspackung in der Apotheke noch über 800 Euro. Viele haben sich das Medikament daher illegal über das Internet im Ausland oder über Freunde besorgt. Inzwischen ist der Preis auf etwa 40 Euro gefallen, wodurch sich die Akzeptanz der PrEP wohl nochmal deutlich erhöht haben dürfte. Vor allem in Berlin scheint die PrEP eine rasante Karriere hingelegt zu haben, zumindest gefühlt.

Genaue Zahlen gibt es nicht. Allerdings hat eine kleine Umfrage von Wissenschaftlern der Charité aus dem Jahr 2017 ergeben, dass etwa 17 Prozent der Befragten die PrEP entweder regelmäßig einnehmen oder zumindest ausprobiert haben. Diese Zahlen dürften heute aber weitaus höher ausfallen. Denn die Untersuchung fällt etwa zeitgleich mit dem Preissturz des Medikamentes zusammen. Wie verbreitet das Präparat mittlerweile ist, wird zum Beispiel in den schwulen Dating-Apps deutlich: Dort ist es inzwischen durchaus üblich, im eigenen Profil anzugeben, ob man auf PrEP sei oder Sex mit Kondom bevorzugt.

Beleidigungen, Ausgrenzung und Diskriminierung

Die kleine blaue Pille erhitzt aber auch die Gemüter und wird kontrovers, teils sogar hochemotional diskutiert. Und wenn man sich in der Szene umhört, hat fast jeder eine Meinung dazu. Während die einen das Mittel im Kampf gegen HIV feiern, sehen andere vor allem die Nachteile. Da geht quasi ein Riss durch die Community. So werden die PrEP-User beispielsweise als verantwortungslos gebrandmarkt, denn das Medikament schützt nicht vor anderen sexuell übertragbaren Infektionen wie Tripper, Syphilis oder Chlamydien. 

Die Kritiker befürchten deshalb einen rasanten Anstieg solcher Infektionen. Hinzukommt, dass die PrEP, wie jedes andere Medikament auch, Nebenwirkungen haben kann. Neben Durchfall, Übelkeit oder Kopfschmerzen, können sich zum Beispiel die Nierenwerte oder die Knochendichte verschlechtern. Und nun sollen die Kosten der PrEP über die Gesetzlichen Krankenkassen auch noch der Allgemeinheit aufgebrummt werden, obwohl es mit Kondomen eine einfache und kostengünstige Alternative gibt – das geht einigen Gegnern einfach zu weit. Die Debatte wird längst auch auf moralischer Ebene geführt.

Neben gegenseitigen Vorwürfen und Beleidigungen, kommt es aber auch zu Ausgrenzung. Die Zahl der sogenannten Prepper steigt und viele, die mit Kondom eigentlich immer gut gefahren sind, werden von dieser Entwicklung geradezu überrollt. Denn auf Gummi beim Sex zu bestehen, kann immer öfter zu einem Ausschlusskriterium werden. Wenn die Akzeptanz von Kondomen sinkt, dann wird es für diejenigen, die nicht preppen, immer schwieriger einen Sexualpartner zu finden. Der Druck, ebenfalls mit der PrEP anzufangen, nimmt zu. Aber was ist mit denjenigen, die keine Medikamente nehmen wollen oder aus gesundheitlichen Gründen nicht nehmen können?

Aidshilfe wirbt für Verständnis

Mit der Kampagne Meine Wahl. Dein Respekt. wirbt die Deutsche Aidshilfe nun für mehr Verständnis innerhalb der queeren Community. Denn wer sich vor HIV schützt, verdiene Respekt – egal mit welcher Safer-Sex-Methode. Beleidigungen, Ausgrenzung und Diskriminierung haben dabei nichts zu suchen. „Schutz vor HIV gelingt am besten, wenn jeder Mensch die Schutzmethode auswählen kann, die am besten zu ihm und zur jeweiligen Situation passt“, erläutert Kampagnenleiter Tim Schomann. „Darum ist es wichtig, die Entscheidung, die Menschen treffen, zu respektieren.“ 

 

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Ein Beitrag geteilt von ICH WEISS WAS ICH TU (@ichweisswasichtu) am Aug 12, 2019 um 3:15 PDT

Außerdem plant die Deutsche Aidshilfe im September unter dem Hashtag #PrepIstDa einen Awareness-Monat. Ziel ist es, möglichst viele Menschen über die PrEP aufzuklären, damit sie entscheiden können, ob diese Schutzmöglichkeit vielleicht auch zu ihnen passt. 

Fachleute gehen davon aus, dass durch die PrEP Tausende HIV-Infektionen verhindert werden können. Einige Experten entkräften auch das Argument, dass dadurch anderen sexuell übertragbaren Infektionen Vorschub geleistet wird: Denn zur Prä-Expositions-Prophylaxe gehören laut Leitlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auch engmaschige Begleituntersuchungen durch den Arzt, bei denen Geschlechtskrankheiten rechtzeitig erkannt und behandelt werden können. Eine Studie kam sogar zu dem Schluss, dass diese Fallzahlen durch die PrEP ebenfalls sinken könnten. 

„Die Einführung der PrEP als Kassenleistung ist ein Meilenstein für die HIV-Prävention: eine weitere Möglichkeit, sich vor HIV zu schützen, endlich für fast alle zugänglich, die sie brauchen. Jetzt geht es darum, dass auch alle von PrEP wissen“, sagt Holger Wicht, Sprecher der Deutschen Aidshilfe. 

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