Es scheint so, als ob wieder eine Kreuzberger Institution in Gefahr ist. Die Samwer-Brüder (Rocket Internet) wollen den bestehenden Mietvertrag mit dem Kreuzberger Privatclub kündigen, der eigentlich noch bis 2022 laufen würde. Ausgangspunkt des Streits war die vor einigen Monaten nachträglich geforderte Mieterhöhung auf das Doppelte: statt 11 Euro pro Quadratmeter sollte die Miete des Clubs nun ganze 22 Euro pro Quadratmeter kosten. Da der Mietvertrag aber bereits Mitte 2016 auf fünf Jahre abgeschlossen wurde, hatten die Rocket-Gründer rechtlich keine Chance mit ihrer Forderung. Aber damit war der Streit noch nicht beendet.
Nach einer schnellen Renovierung wurde Anfang des Monats das seit mehr als 10 Jahren leer stehende Obergeschoss des Gebäudes in der Skalitzer Straße 85 an das Start-up Treaser Hunt vermietet, das Mobile Games programmiert. Finanziert wird die Firma von der Gauselmann-Gruppe, einem Familienunternehmen für Spieleentwicklung und ist damit kein eigenes Start-up von Rocket. „Ich weiß, dass das Start-up die geforderte Miete von 22 Euro pro Quadratmeter zahlen muss“, so Privatclub-Chef Norbert Jackschenties. Die neuen Mieter, die vor einer Woche eingezogen sind, fühlen sich nun offenbar durch den Privatclub beeinträchtigt, da kein ausreichender Lärmschutz vorhanden ist. Ein abgekartertes Spiel? Mag sein, das man in Start-ups öfter mal die Nacht durcharbeitet und sich dann durch die laute Musik gestört fühlt – für den Lärmschutz ist aber immer noch der Vermieter, also die Samwers zuständig. Diese kauften den Privatclub zwischen Görlitzer Bahnhof und Schlesischem Tor im Mai 2016.
Bald sind Kreuzberger Nächte langweilig statt lang
Statt baulich im Obergeschoss nachzurüsten, verwarnten die Samwers lieber den Besitzer des Privatclubs und drohen mit der Kündigung des Mietvertrags. Sie fordern außerdem, dass der Club nur noch zweimal die Woche Konzerte veranstalten darf. „Das wäre wirtschaftlich, aber auch rein technisch nicht möglich und würde das Aus für uns bedeuten“, so Jackschenties. Wie es weitergeht, ist offen: Die Streitsache liegt beim Anwalt, der Bezirksbaustadtrat Florian Schmid (Die Grünen) hat sich ebenfalls eingeschaltet: Er fordert einen Runden Tisch, um eine Lösung mit den Konfliktparteien zu suchen. Öffentlich sagte er: „Es ist erschreckend, wie die Samwer-Brüder oder andere Tech-Unternehmen die Stadt kaufen und angestammte Nutzer gekündigt werden.“ Gentrifizierung at its best also.
Die Geschäftspraxis der Samwer-Brüder ist schon länger umstritten, was ihnen den Spitznamen „Copy and paste“-Millionäre eingebracht hat. Sie kopierten erfolgreiche Internetportale aus den USA und verkauften sie gewinnbringend als Start-ups. Die drei Brüder Oliver, Marc und Alexander Samwer sollen außerdem seit Jahren Gewerbeimmobilien in Berlin kaufen: Die Uferhallen in Wedding oder das Ullsteinhaus in Mariendorf sollen laut Medienberichten dazu zählen. Die Eigentümerschaft verbergen sie aber hinter komplexen Firmenkonstruktionen.