Wenn wir unser Treffen mit Lea Marlen Woitack in einem Wort beschreiben müssten, dann wäre das: unkompliziert. Aber wir erzählen lieber ein bisschen ausführlicher von unserer Begegnung mit der diplomierten Schauspielerin. Eigentlich wollen wir unseren Spaziergang durch Leas Kiez im Zuckerbaby – Café und Deli am Richardplatz starten, einem liebevoll eingerichteten Café mit amerikanischen Snacks und Kuchen. Doch an der Tür hängt ein Schild: „Heute geschlossen“. Kein Problem für Lea. Kurzer Blick aufs Schild, Schulterzucken, Plan B: Dann setzen wir uns eben auf die Terrasse der Villa Rixdorf.
In der Villa fühlt sich die GZSZ-Darstellerin genauso wohl wie in Rixdorf insgesamt. „Als ich hergezogen bin, musste ich erstmal die Wohnung renovieren und hatte einen Monat lang keine Küche. Also bin ich so gut wie jeden Tag mit Staub in den Haaren zum Essen hergekommen“, erzählt sie. Richtig gehört, Lea legt selbst Hand an. Als Praktikantin hat sie bei einem Maler gelernt, wie man Fliesen verlegt und tapeziert. Ob sie eine russische Munitionskiste vom Flohmarkt zum Wäschekorb umfunktioniert oder einen DDR-Wohnwagen wieder auf Vordermann bringt, kleine Projekte stapeln sich bei dem selbsternannten Nordlicht. Die Familie der Pastorentochter stammt nämlich aus Hannover und Bremerhaven. „Ich bin eigentlich ein totales Landkind. Ein Pferdemädchen„, sagt Lea selbst. „Darum möchte ich auch immer viel raus. Der Wohnwagen wird meine kleine Landflucht. Damit werde ich im nächsten Sommer Brandenburg unsicher machen!“
„Berlin ist eine Stadt für länger“
Darum ist sie in Neukölln auch genau richtig. „Ich mag das Bäuerliche hier. Rixdorf ist das Dorf in der Stadt mit seinen Hinterhöfen, dem Richardplatz und den vielen kleinen Häuschen.“ Andererseits braucht Lea auch eine schnelle Anbindung zum Trubel der Großstadt. Hier hat sie beides. Auf der einen Seite der Haustür das Dörfliche, auf der anderen Multikulti auf der Karl-Marx-Straße. „Das ist Zuause“, lächelt Lea.
Doch ob Berlin dauerhaft zur Heimat der Schauspielerin wird? Immerhin ist sie zuletzt kaum mehr als drei Jahre an einem Ort geblieben. Für die Schauspielschule zog sie nach München, hatte neben dem Studium diverse Theaterengagements und spielte die Debbie in „Sturm der Liebe“. Dann ging es wieder in den Norden. Als Angestellte im Hamburger Dungeon hat sie ihre „dunkelsten Stunden“ erlebt, scherzt Lea. Außerdem war sie bei der „Küstenwache“ und „Kripo Holstein“ zu sehen. Bis zum Angebot für „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ studierte die Hobby-Bastlerin dann in Hildesheim Philosophie und Medienwissenschaften. Das Studium für die RTL-Soap aufzugeben sei zwar sehr schwer, aber die richtige Entscheidung gewesen, erzählt die 28-Jährige. In ihrer Rolle der Sophie Lindh erkennt sie sich sogar manchmal wieder: „Uns beiden ist unsere Arbeit sehr wichtig und wir stecken viel Herzblut in das, was wir machen. Außerdem würde Sophie sich nicht verbiegen. Und ich habe auch nicht vor, es zu tun“, fasst sie Schauspielerin die Parallelen zusammen.
Trotzdem haben wir das Gefühl, diese energiegeladene Frau braucht mehr als die kleinen und großen Alltagsdramen einer Soap. Vielleicht hat sie darum so viele Nebenprojekte: Lea erzählt nämlich nicht nur von ihren Do-It-Yourself-Aktionen, sondern auch von Meditationsübungen, Gesangsunterricht, ihren von Cello und Flügel begleiteten Lesungen der „Verteidigungsrede des Judas“ oder der Fachliteratur, die sie in der Freizeit liest. Die bestellt die Schauspielerin übrigens nicht im Internet, sondern lieber bei ihrem Stammbuchladen Die gute Seite am Richardplatz. Wir sehen ihn noch, bevor wir in die Richardstraße einbiegen. Nächster Halt: Heimathafen Neukölln. Auf dem Weg spazieren wir spontan durch den Comenius-Garten. Der Gärtner, ein älterer Herr mit weißem Bart, hält uns das Tor auf. Falls er Lea erkennt, lässt er es sich nicht anmerken. Immerhin kommt sie oft in diesen „wunderschönen kleinen Park“, um in der Sonne zu liegen oder Texte zu lernen.
Leas Kumpels hinterm Tresen
Auch am Passage-Kino stoppen wir kurz. Egal was läuft, dorthin kommt die Filmexpertin wann immer sie Zeit und Lust auf Kino hat. „Aus jedem Film kann man etwas mitnehmen“, findet sie. Und schon sind wir im Heimathafen. Der Name passt zu Leas Affinität zu Nord- und Ostsee. Vor allem aber hat sie die Bar lieben gelernt, weil ein Freund dort hinter dem Tresen steht.
Außerdem ist die 28-Jährige mit dem Schankraum vom Berliner Berg gut vernetzt. Noch ein echter Geheimtipp! Zwischen nacktem Putz und provisorischer Beleuchtung stehen ein paar Holztische und ein Tresen mit altem Zapfhahn. Robin ist ein Freund aus Jugendtagen und lädt uns auf einen „Berliner Stadtaffen“ ein – natürlich selbstgebraut. Die Kreationen der neuen Mikro-Brauerei werden bald direkt in der Neuköllner Kopfstraße produziert. Dann öffnet auch der dazugehörige Schankraum für alle Bierliebhaber im Kiez, nicht mehr nur für Freunde und Freundesfreunde wie bisher. So kommt es auch, dass am Ende unseres Spaziergangs Lea persönlich mit den Brauerei-Gründern und der spontan dazugerufenen GZSZ-Kollegin Elena García Gerlach an der Zapfe steht. Ein bisschen wie aufm Dorf eben: Am Ende landen doch alle in derselben Kneipe.