Das neue Restaurant mit dem witzigen Namen Paolo Pinkel – für alle Millennials noch einmal erklärt, so hieß der Deckname des Fernsehmoderators Michel Friedman, der 2003 in einen Skandal um Zwangsprostituierte und Kokain verwickelt war – findet man kaum, wenn man nicht weiß, dass es existiert. Derzeit ist es noch von einer milchigen Bauplane umgeben, da die gesamte Fassade renoviert wird. Das könnte erst mal schlecht sein fürs Geschäft, gibt der Location aber auch etwas leicht Verruchtes und bleibt so, zumindest vorerst, ein echter Geheimtipp.
Die offene Einrichtung sorgt für eine Art trashiges und doch sehr cooles New Yorker China-Town-Feeling: Pink leuchten die Neonschriftzüge, Asialampen baumeln von der Decke und werfen doch nur wenig Licht in den schummrigen Raum. Dieses besondere Interieur kommt wohl daher, dass Nick, einer der Gründer, zweieinhalb Jahre in New York gelebt hat. Die Gäste sitzen an langen Holztischen nebeneinander in einem großen Raum und können von dort an drei Küchentheken das Essen bestellen: nordchinesisch, zyprisch und peruanisch. Genauer „authentische Rezepte von den Strassen Xi’An’s, zubereitet mit Liebe und regionalen Zutaten“, „Grossmutters traditionelle zypriotische Küche, modern interpretiert“, und „regional beeinflusste peruanische Gerichte kombiniert mit südamerikanischem und spanischem Bar Food.“ Warum genau diese Auswahl? „Wir haben zusammen mit Freunden und Bekannten aus der Gastroszene, die jetzt für uns arbeiten, das Konzept ausgetüftelt. Die drei Länderküchen bringen viel Abwechslung und ein großes gastronomisches Spektrum zusammen“, so Nick, der sich im Paolo Pinkel um Design und Events kümmert.
Paolo Pinkel: Kreative Küche mit viel Geschmack
Das Essen ist lecker, hat an mancher Stelle aber noch etwas Verbesserungspotential: Das Ceviche aus der verglasten Peru-Ecke überzeugt aber schon mal auf voller Linie. Den scharf-frischen Fisch mit Petersilie, Orange- und Grapefruitstücken erdet die Süßkartoffel, für den extra Pepp sorgt gerösteter Mais. Das asiatische Beef Tatar ist spannend, aber etwas überwürzt. Das scharfe Fleisch schmeckt nach Zitronengras und wird von einem kleinen Wachtelei gekrönt. Die Nachspeise wiederum ist sehr leicht und erfrischend: Kokossorbet mit rumgetränkter Ananas und grünem Gelee. Alle Gerichte sind frisch für den Tag eingekauft und wenn sie alle sind, sind sie alle – dann wird zwar kurzerhand etwas anderes improvisiert, es empfiehlt sich aber trotzdem, nicht zu spät aufzutauchen. Neben Dauerbrennern wie Croquetten und Dumplings mit unterschiedlichen Füllungen gibt’s eine täglich wechselnde Karte.
So viel zum Essen – nicht zu vergessen ist die schicke Bar im vorderen Teil des Lokals. Mit Steinbüsten als Deko vor einer knallblauen Wand und niedrigen Hockern mit Lederpolstern wirkt das Ganze ziemlich extravagant. Barkeeper Basti, der ebenfalls zum Gründerteam gehört, nimmt uns als Versuchskaninchen für einen neuen Drink, eine Art Bananen-Caipirinha, der es alkoholisch in sich hat, geschmacklich aber noch etwas an Raffinesse bedarf. Der Fairness halber muss man sagen, dass die drei sympathischen Jungs am Tag unseres Besuch gerade ganz frisch eröffnet hatten und sich alles erst mal einspielen muss – auch das Gas fiel genau an diesem Abend aus. Das tat der guten Laune der Gastgeber und Kellner, die charmant mit ihren Gästen schäkern, jedoch keinen Abbruch.
Neuer Geheimtipp in Neukölln
Die Gründer Basti, Nick und Kubi sind übrigens auch privat befreundet. Zwei von ihnen betreiben in Berlin bereits zwei andere Lokale – die beliebte Dschungel Bar in Neukölln und die Filmkunst Bar in der Reichenberger Straße. Ein gemeinsames Restaurant zu eröffnen, ist ein in Erfüllung gegangener Traum der drei Jungs. Das Konzept ist mit merkbarer Begeisterung ausgetüftelt und auf den Gast warten auch ein paar andere Überraschungen: Die Toilettentüren werden „aufgefaltet“ wie in Asien und im versteckten Raucherbereich gibt es Gerüchten zufolge sogar eine „Zeitkapsel“…
Unser Fazit: Sehr coole Location mit motivierten, tollen Leuten, die richtig viel Potenzial hat. Ein Besuch lohnt sich alleine wegen dem spannenden Konzept, den coolen Noch-nicht-Hipster-Gästen und der stylischen Einrichtung. Auch das Essen kann man sich durchaus schmecken lassen. Am Wochenende finden im Paolo Pinkel außerdem spezielle Events statt, zum Beispiel Brunch mit Bingo, Kaffee und Cocktail.