Es war einmal eine Zeit, in der Zug fahren die schnellste Art der Fortbewegung war. In diesen Tagen ohne Handy, ohne WLAN, Facebook und mp3-Player hatte man noch die Zeit zu warten – und statt entnervt zu twittern, dass die Bahn schon wieder zu spät ist, traf man sich im Wartesaal. Ein Ort, an dem es keine Rolle spielte, wie alt oder jung man war, denn hier kommunizierte man während man wartete – nur, um sich später wieder in alle Himmelsrichtungen zu verstreuen.
Ein erster Besuch
Direkt beim Eintreten steigt mir schon der würzig-rauchige Geruch des offenen Buchenholzgrills in die Nase, Herzstück des stylisch eingerichteten Wartesaals, auf dem neben den Klassikern wie Rinderfilet oder Tomahawk vom Klepelshagener Weiderind auch hausgemachte Salsiccia zubereitet wird. Und so staune ich nicht schlecht, als ich dem Koch hautnah zusehen kann, wie er mein Fleisch über den Flammen brutzelt. Die Karte ist liebevoll gestaltet und lässt keine Wünsche offen – langweilige Burger mit Pommes sucht man hier vergebens.
Stattdessen wird hier mit Thunfisch-Sashimi, Wasabi-Mayonaise, Sojalack und Kumato (eine Tomate) experimentiert. Serviert an Süßkartoffel-Pommes mit Algensalat ist die Beilage nicht nur richtig lecker, sondern, wie mir mit einem Augenzwinkern verraten wird, auch noch richtig gut für Figur und Haut. Der gegrillte Pulpo ist – ebenso wie die rosé gebratene Dorade – Pflichtprogramm für Fischliebhaber.
Edles Feeling zum fairen Preis
Den Restaurantbereich zieren riesige Gemälde, die den Besucher von jeder Ecke aus in ihren Bann ziehen und der Mischung aus modernem Mailand und klassischem Wartesaal der Jahrhundertwende eine faszinierende Atmosphäre verleihen. Klar, dass man hier gerne wartet. Doch wer nun denkt, der Wartesaal sei dem preislich eher höheren Niveau der neu-hippen City West angepasst, der irrt. Frühstücken kann man bereits für 5,50 Euro und auf der Business-Lunch-Karte finden sich kreativ zusammengestellte Gerichte wie die Strozzapreti mit Flusskrebsschwänzen, Zucchinijulienne und Zitronenbutter für 7,50 Euro.
Und wer es doch eilig hat, der kann sich sein Essen auch einfach mitnehmen – oder direkt am Fenster bestellen und die Berliner Straßen mit dem passenden Bagel unsicher machen – mit Leberwurst und Cornichons.