Der Ort, an dem wir uns mit Robert Seeliger treffen, will auf den ersten Blick so gar nicht zu dem Naturburschen aus den kanadischen Wäldern passen. Im schicken Manzini in der Ludwigkirchstraße sitzen schon am Dienstagvormittag sonnenbebrillte Charlottenburgerinnen und Herren in feinem Zwirn, die bei einem Cappuccino die Tagespresse studieren. Da wirkt Seeliger mit seinen halblangen Haaren und dem unaufgeregten Style – Mütze, Lederjacke, Jeans – schon fast ein bisschen fehl am Platze. Doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb uns der Schauspieler mit den markanten Gesichtszügen schnell bezaubert.
Schon seine mit charmantem Akzent vorgetragene Familiengeschichte würde einen eigenen Artikel hergeben. Die Kurzform: Der Vater wanderte Ende der 50er Jahre aus dem früheren Schlesien nach Kanada aus, wo er auf seine spätere Frau traf, deren Familie nach dem Tod des Vaters (ausgerechnet im Krieg gegen die Deutschen) aus Schottland nach British Columbia emigriert war. Dort wuchs der 1966 geborene Robert zwischen Wäldern und Bergen, in enger Verbundenheit mit der Natur auf. Sein Lebensweg schien vorgezeichnet – bis Robert nach acht Jahren als Förster und Holzfäller der Wunsch überkam, noch etwas mehr von der Welt zu sehen.
Zwischen Natur und Set
„Ich ging nach Calgary und hatte keine Ahnung, was ich eigentlich machen wollte. Sicher war nur: etwas anderes“, erzählt Seeliger, der am Ende mehr oder weniger zufällig sein Talent für die Schauspielerei entdeckte. Nach einer fünfjährigen Ausbildung in Toronto stellten sich schließlich die ersten Casting-Erfolge ein. Mit 39 gründete er gemeinsam mit einer Partnerin in Calgary sogar eine eigene Produktionsfirma. Doch dann änderte die Liebe Seeligers Leben. Bei den Dreharbeiten zur deutschen Produktion „Miss Texas“ lernte er seine künftige Ehefrau Natalia Wörner kennen. Und folgte ihr nach Berlin. Eine Stadt, in die er sich nicht auf Anhieb verliebte.
„Ich fand Berlin zwar schön, doch es war eben ganz anders, viel urbaner als Calgary“, erinnert sich Seeliger, der nach seiner Trennung von Natalia Wörner 2008 an den Olivaer Platz zog, wo er noch immer lebt. „Bevor ich endgültig hergekommen bin, habe ich mir auch andere Städte angeschaut und dachte erst, Hamburg sei meine Stadt, weil es am Meer liegt. Auch München fand ich wegen der nahen Berge toll“, so der passionierte Kletterer. Am Ende wurde es aber doch Berlin. Und zwar nicht nur, weil es die Heimatstadt seinen Sohn Jacobs ist, sondern auch „weil hier das Beste aus beiden Welten – Natur und Stadt – vereint ist“, so Seeliger. „Das fiel mir zum ersten Mal so richtig bei einem Flug über Berlin auf. Da war auf einmal überall nur Grün. So viel wie sonst in keiner anderen Stadt.“
Mit Hund und Sohn nach Brandenburg
Im Grünen halten sich Seeliger und sein Sohn Jacob nach wie vor am liebsten auf. In jeder freien Minute geht es mit dem Hund in den Tiergarten, an die Krumme Lanke (ab 1. Mai dann nur noch ohne Hund erlaubt) oder in andere Teile des Grunewalds. An den Wochenenden dagegen zieht es die kleine Familie richtig weit raus, und zwar auf ein 1,5 Hektar großes Grundstück mit zwei Häusern und einer Scheune in Brandenburg, eine „Insel im Maisfeld“, die Seeliger und Natalia Wörner gemeinsam gekauft haben. „Das ist Jacobs liebster Spielplatz“, lächelt der Schauspieler.
In Berlin selbst fühlt sich der Kanadier im Westen wohler als im Ostteil der Stadt. „Der Osten ist nicht so meins. Natürlich habe ich mir auch die Sehenswürdigkeiten im ehemaligen Ostberlin angeschaut, aber auskennen tue ich mich dort nicht so gut. Das fängt erst ab dem Potsdamer Platz an“, erzählt er. Die liebsten Adressen von Robert und Jacob sind dabei der Eisladen zwischen Nollendorf- und Winterfeldtplatz und die Skate-Anlage am Mierendorffplatz. Auch die Sushi-Läden bei sich am Olivaer Platz, etwa Sagano Sushi, besucht Seeliger gern. Dabei begeistern ihn an Berlin noch immer die günstigen Preise: „Das ist toll, für wie wenig Geld man hier richtig gut leben kann.“
Alle Fans von Robert Seeliger dürfen sich freuen: Am 7. Mai startet sein neuer Kinofilm „Die abhandene Welt“ von Margarethe von Trotta in den deutschen Kinos. Außerdem laufen die Arbeiten an der neuen ARD-Fernsehreihe „Vancouver Bay“, für die auch Seeliger in Kanada vor der Kamera stand.