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Gewerbegebiet Naumannstraße heißt jetzt Naumannpark

Statt Gewerbegebiet Naumannpark.
Statt Gewerbegebiet Naumannpark.
Rote-Insel-Kiez - 80.000 Quadratmeter Gelände gehören dem umstrittenen Karstadt-Investor Nicolas Berggruen und der hat mit dem neuen Naumannpark Großes vor.

Selten hatte ein Bericht auf dem RoteInsel-Blog so hohe Zugriffszahlen wie die Nachricht vor fast zwei Monaten über den Kauf des Gewerbegebiets Naumannstraße durch Nicolas Berggruen. Besorgte Nachbarn meldeten sich in den Kommentaren, die Spedition Kanitz muss demnach das Gelände ebenso räumen wie diverse Autoschrauber. Auf der anderen Seite wurden rund 1.100 Quadratmeter an die Gesellschaft für gemeinnützige Stadtentwicklung (GSE) vermietet, die 27 Ateliers an Künstler zur Verfügung stellt. Nach und nach berichtete auch die Berliner Presse vom Kauf, dokumentierte die Sorgen der bisherigen Mieter und wies auch darauf hin, dass der bisherige Mietpreis von drei bis vier Euro pro Quadratmeter doch für Berlin ungewöhnlich niedrig war und somit die Mietsteigerungen von sechzig oder teilweise den Angaben nach hundert Prozent wieder relativiere. Stadträtin Klotz kam zu Wort, und vermeldete, dass für das Gebiet ausschließlich Gewerbebauten zugelassen seien und eine Wohnbebauung nicht möglich sei. Was allerdings dem Entwurf eines Masterplans des Bezirks aus dem Jahr 2006 widerspricht, der ausdrücklich auch Wohnbebauung vorsieht.

80.000 Quadratmeter Gelände gehören jetzt dem umstrittenen Karstadt-Investor – und er scheint Nägel mit Köpfen zu machen. Seit einer Woche prangt eine großflächige Plakatwerbung an der Naumann- / Ecke Torgauer Straße, die etwas großspurig vom „Naumannpark“ kündet. Auf der zugehörigen, professionell gestalteten Homepage – für die eine „Naumannstraße Grundstücks GmbH & Co KG“ verantwortlich zeichnet -, werden Büros, Werkstätten, Frei- und Lagerflächen zur Miete feilgeboten. Sogar eine Vision wird hier verkündet, der Naumannpark verstehe sich als „urbaner Inkubator“ und man treffe auf „kosmopolitische Zentralität“. Oder so ähnlich. Zudem werden hippe junge Leute mit Wollmützen gezeigt, die über das Gelände flanieren.

Passend zum Thema hat der Gleisdreieck-Blog die Untersuchung der asum über Schöneberger Quartiere, für die ein sogenannter „Milieuschutz“ eingerichtet werden soll, veröffentlicht. Mit diesen Erhaltungssatzungen will der Bezirk der Gentrifizierung wenigstens ein wenig entgegensteuern. Eines der auffälligen Gebiete war auch die Rote Insel, trotzdem wird für sie zunächst vom Bezirk kein Milieuschutz angestrebt. Dabei war z.B. die Anzahl der Kaufverträge in den letzten Jahren hier besonders hoch; es ist zu befürchten, dass unser Kiez schlicht ignoriert wird. Die neueste Entwicklung mit dem Berggruen-Kauf konnte dabei noch nicht in die Untersuchung einfließen. Genannt wird hingegen der Veränderungsdruck durch die wesentliche Vergrößerung der Grünflächen und das Geschehen rund um den Gasometer. Keine Erwähnung finden die noch relativ neue S-Bahn-Station Julius-Leber-Brücke sowie das Südkreuz – das ja irgendwann einmal zum Flughafen-Bahnhof werden soll – sowie die Planungen von Senat und Bezirk für eine großflächige Bebauung auf der „Schöneberger Linse“ südlich der Insel. Letzteres ist zwar noch besonders unkonkret, sollten die Pläne jedoch Kontur gewinnen, würde der Druck auf unseren Kiez enorm steigen. Von Westen durch die Euref, vom Osten durch Berggruen, vom Süden durch weitere Neubauten. Es liegt in der Hand des Bezirks hier rechtzeitig entgegenzusteuern und den Milieuschutz auf die Insel auszudehnen.
Die Washington Post berichtete jüngst über Schöneberg und dort stand zu lesen:

The discerning taste of Berlin’s young creative class seems to roam through the city like searchlights, vanquishing areas with affordable rentals. Right now, the spotlight illuminates Rote Insel, or Red Island.

Noch scheint diese Aussage deutlich übertrieben oder verfrüht. Und mir graut auch vor einer solchen Vision. Aber vielleicht sollte man sich den Artikel in fünf Jahren noch einmal genauer anschauen.


Dieser Artikel wurde uns zur Verfügung gestellt vom Rote Insel Blog:
roteinsel.blogspot.com


Quelle: Rote Insel Blog

Gewerbegebiet Naumannstraße heißt jetzt Naumannpark, Naumannstraße, 10829 Berlin

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