„Jedes Jahr dieselben Selbstdarsteller“ raunte mir mein sichtlich erboster, etwas älterer Sitznachbar zu. Und ja, irgendwie und irgendwann beschlich mich das Gefühl, dass ich meine Zeit an einem milden Spätsommerabend besser hätte verbringen können als auf der alljährlichen Informationsveranstaltung zum Thema „Stadtumbau Südkreuz“ am 29. August. Das Bezirksamt lud ein (gerüchteweise sind diese Abende unter dem Label „Bürgerbeteiligung“ Voraussetzung, um die Fördermittel für die verschiedenen Projekte zu erhalten) und eine stattliche Zahl von interessierten Bürgern sowie Vertretern verschiedener Verbände versammelte sich im Willy-Brandt-Saal des Schöneberger Rathauses. Der Großteil ließ sich allerdings mit fortschreitender Zeit nicht fesseln und verließ nach und nach den Raum; mich beschlich das leise Gefühl, dass mein Sitznachbar mit seiner Meinung nicht alleine war. Allerdings gab es auch nicht wirklich viel Neues.
Stadträtin Klotz (inklusive des obligatorischen alljährlichen Mikrofonausfalls) und Siegmund Kroll vom Stadtplanungsamt leiteten mit ihren üblichen Referaten ein (3,9 Millionen Euro stehen dieses Jahr zur Verfügung). Die anschließenden ersten Bürgernachfragen führten zum oben angesprochenen Kommentar und in der Tat: Die Argumente, Personen und Antworten vom Podium sind zum größten Teil jedes Jahr die gleichen und führen zu einer gewissen Ermüdung. Ob vermutlich ironisch gemeinte Kommentare zur Beseitigung von Weltkriegs-Handgranaten auf der Bautzener Brache, deren Fund zu einer großflächigen Abtragung der Eisenbahnböschung führte (entweder wollte die Anwohnerin, die auch auf den letztjährigen Versammlungen mit ihren etwas längeren Beiträgen die Zuhörerschaft beglückte, damit suggerieren, dass die Beseitigung nur willkommenes Mittel zum Zwecke der Naturzerstörung war oder sie ist tatsächlich der Meinung, dass etwas Sprengstoff unter den Füßen spielender Kinder nicht schaden kann) oder Beiträge, in denen mit Fachbegriffen und BVV-Beschlussnummern nur so um sich geschmissen wird, zu mehr Bürgerbeteiligung führen – ich habe meine Zweifel.
Für eine nette Einlage sorgte Michael Ickes von den BVV-Piraten, der sich etwas in Rage redete ob der vielen dargestellten Fakten, die seiner Meinung nach die anderen Anwesenden überfordern würden. Vor Aufregung schien er nach seinem Beitrag etwas die Orientierung im Saal verloren zu haben und tigerte sichtlich aufgeregt noch eine Zeit lang von einer Ecke zur anderen. Sachorientierte Beiträge gab es natürlich auch, etwas mehr hiervon und etwas weniger von der polemischen Sorte wären aber durchaus wünschenswert gewesen.
Torgauer Straße: Hier war Herr Buddatsch vom Büro Topos zuständig. Für die Erweiterung des Cheruskerparks und den Grünzug entlang der Ringbahn sind geplant: Spielplätze und Spielplatzerweiterungen. Für den Teil des Parks nördlich der Torgauer sei schon für diesen Herbst eine Freigabe geplant, was mir allerdings etwas sehr optimistisch erscheint, angesichts des noch nicht einmal ausgesähten Rasens. Dieses Teilstück soll übrigens in den hundefreien Teil des Cheruskerparks integriert und umzäunt werden, was von den offensichtlich hundelosen Besuchern mit Applaus quittiert wurde. Das Grundstück der Leberschen Kohlenhandlung wird weiterhin ausgespart. Ob hier ernsthaft eine Lösung angestrebt wird, oder diese Lücke dauerhaft bestehen bleibt, wurde nicht wirklich klar – Letzteres ist zu befürchten. Zumindest scheint der Abriss vom Tisch zu sein. Der Rückbau der westlichen Torgauer Straße werde für nächstes Jahr „angestrebt“.
Dieser Text wurde uns zur Verfügung gestellt vom Rote Insel-Blog: http://roteinsel.blogspot.de/