Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Während es in Richtung Ku’damm zunehmend schicker und teurer wird, ist rund um die Pariser Straße, die bereits 1895 nach der französischen Hauptstadt benannt wurde, nicht alles auf Hochglanz poliert. Rund um den Ludwigkirchplatz toben Kinder mit Migrationshintergrund neben Vätern in teuren Mänteln, manche Gebäude haben ihre besten Tage längs schon hinter sich und im Discounter zwischen Olivaer Platz und Sächsischer Straße herrscht reger Betrieb.
Und auch sonst geht es an einem ganz normalen Nachmittag kurz nach Neujahr im Kiez recht entspannt zu. Der Silvestermüll ist, anders als im Herzen der City West, längst noch nicht weggeräumt, auf der Grünfläche vor der Sankt Ludwig-Kirche tollen Hunde umher und der kleine Open-Air-Kiezblumenhändler an der Kreuzung Uhlandstraße bietet wie jeden Tag seine Ware feil – etwas einsam dasitzend und von Radiogedudel begleitet.
In diesem Kiez scheint, anders als wenige hundert Meter weiter nördlich, noch Platz zu sein für den typischen Berliner Normalverdiener. Wer sich die Spezialitäten im französischen Feinkostgeschäft in der Emser Straße nicht leisten kann, schaut eben einfach beim super leckeren BäckerMann vorbei, wer nicht in einem der Altbauten am Ludwigkirchplatz wohnt, lebt vielleicht seit Jahren in einem Neubau am etwas weniger schicken Hohenzollerndamm und wem die Preise in einem der edleren Restaurants im Kiez zu hoch sind, der kehrt einfach im American Diner oder in der Lieblings-Pizzeria der QIEZ-Redaktion ein.
„Es ist, als wäre die Pariser Straße so etwas wie eine unsichtbare Grenze, an der das ‚reichere‘ Wilmersdorf im Norden und das ’normale‘ Wilmersdorf im Süden aufeinandertreffen. Ein Gegensatz, der sich auch auf der Nord-Süd-Achse Uhlandstraße wunderbar beobachten lässt: Rund um den Kurfürstendamm reihen sich teure Restaurants und Cafés aneinander, jenseits der Pariser Straße mischen sich zunehmend Döner-Buden und Elektro-Läden ins Bild. Und spätestens auf Höhe der Berliner Straße ist Wilmersdorf dann erstmal gar nicht mehr so schick, wie man gemeinhin denkt. Diese Abwechslung finde ich am Stadtteil ganz toll.“