Berlin hat gefühlt drei bis vier Sommertage. Gerade in diesem Jahr sind wir wirklich gebeutelt. Also gilt es, jeden Sonnenstrahl zu nutzen. Und wie schön, wenn wir wissen, wo wir die schönen Tage besonders sinnvoll nutzen. Stilvoll und gemütlich geht das im Patio am Helgoländer Ufer. Das Patio ist ein Schiff direkt an der Spree. Vor vielen Jahren, zur Eröffnung, habe ich hier schon gesessen, das Essen war okay und der Blick unbezahlbar.
Seit einigen Monaten gibt es einen neuen Küchenchef, Enrico Pawlak. Volltätowiert, 35 Jahre alt. Vorher hat er im Pantry gearbeitet und im Ganymed, einer französischen Brasserie am Schiffbauerdamm. Gelernt hat er typisch deutsche Küche, rustikal, bodenständig, in seiner Heimat Köpenick, im Ratskeller. Seine Liebe zur asiatischen Küche kombiniert er hier mit dem deutschen und feinen. Er bevorzugt zum Beispiel Zitronengras und Sesam, aber auch den traditionellen Kalbsrücken.
Die Küche im Untergeschoss ist komplett modernisiert worden. Viel Platz gibt es nun. Enrico liebt es, hier zu arbeiten. Ich kann es verstehen, bei dem Ambiente. Wasser, grün, er hat freie Hand. Am Anfang war es komisch, sagt er, dass jedes Mal die Küche schaukelt, wenn ein Dampfer vorbeifährt und Wellen schlägt. Hochzeiten werden hier gefeiert, es gibt viele Veranstaltungen, ich will einfach nur im Sonnenuntergang essen.
Ein Ort für Romantiker
Ich bestelle das Duett vom Kalb mit Kartoffelpüree und Limonenjus. Die Portion ist groß und macht mich satt; vielleicht liegt das auch daran, dass es vorher viel Brot mit Oliven und Aioli gab. Der Service ist außergewöhnlich freundlich. Mein Glas empfohlener spanischer Rijoa schmeckt hervorragend. Die Sonne blendet mich, ich schaue aufs Wasser. Momente, in denen ich nicht gerne Single bin, es wäre so viel romantischer, hier mit einem Liebsten zu sitzen und den Sonnenuntergang zu genießen. Auf der anderen Seite scheinen auch die Herrschaften, Geschäftsmänner, hinter mir Spaß zu haben, die wahlweise von ihren Ehefrauen sprechen und Models, die sie eigentlich jetzt lieber am Tisch hätten. Das verliebte Pärchen neben mir gleicht mit verliebten Blicken alles wieder aus. Gemischtes Publikum also mit Blick aufs Schöne.
Das Dessert erspare ich mir, weil ich ein Fan von deftig bin, obwohl es verlockend klingt. Eine exotische Fruchtmousse und ein Dreierlei aus belgischer Schokolade. Stattdessen bestelle ich einen Haselnusslikör, der nach flüssiger Schokocreme duftet und schmeckt.
Dazu dieser wunderbare Blick aufs Wasser und eine Horde winkender Menschen von einem Partyboot, das das Patio ein wenig zum Schaukeln bringt. Ach wäre ich doch heute nur romantisch, dieser Ort wäre mehr als perfekt dafür. Stattdessen fahre ich mit dem Fahrrad durch den Tiergarten nach Hause und denke: ach Berlin. Im Grunde bist Du doch die perfekte Beziehung.