Schokoladen-Manufakturen hat die Hauptstadt inzwischen einige. Die Herstellung der braunen Süßware ist schließlich kein Hexenwerk und geht auch bei Belyzium in der Lottumstraße auf relativ kleinem Raum vonstatten. Was das junge Unternehmen von seinen Mitbewerbern unterscheidet ist die Herkunft des Rohstoffs. Während andere Manufakturen fertige Rohschokolade einkaufen oder zumindest die Kakaobohnen von Zwischenhändlern erwerben, liegt bei Belyzium der komplette Produktionsprozess in eigener Hand.
Alles beginnt im kleinen mittelamerikanischen Staat Belize. Dort stammen nicht nur sämtliche Kakaobohnen her, die die Manufaktur verarbeitet. Der aus Wladiwostok stammende Firmengründer Andrei, der mit seiner Frau Tatiana in San Jose, Kalifornien lebt, hat sogar 60 Hektar Dschungelfläche gekauft, um dort auf natürliche Weise Kakao anzubauen und zu züchten. Er ist auch Mitglied in der lokalen Bauern-Kooperative, die sich um Verkauf und Vermarktung der Bohnen kümmert.
Evangelist und Alchemist
Wer mit Boesl redet, merkt bald, dass er und die anderen Mitarbeiter von ihren Grundsätzen überzeugt sind. „Der echte Kakaogeschmack ist verloren gegangen“, konstatiert der ‚Evangelist‘ angesichts der industriellen Massenproduktion von Schokolade. Milch und andere künstliche Zusätze haben in den Produkten von Belyzium nichts verloren. Daher sind sie auch für Veganer geeignet.
Nach der Fermentation und Trocknung der Kakaobohnen in Belize werden sie nach Berlin geschickt. Die Verarbeitung erfolgt nur durch eine Glastür getrennt hinter dem Café. Hier werden die Bohnen geröstet und zerkleinert. Ihre Schalen wandern dabei nicht in den Abfall, sondern werden in Tüten verpackt und ebenfalls verkauft – als Aufguß mit heißem Wasser schmeckt dieser ‚Kakaotee‘ ausgezeichnet. Im Labor von „Chef-Alchemist“ Florian Schülke wird der Kakao erhitzt und in flüssiger Form in Tafeln gegossen. Hinzugefügt werden nur natürliche Zutaten wie Pfeffer oder geräucherter Chili. Am Ende erfolgt auch die Verpackung gleich vor Ort.
Man kann bei Belyzium auch ganze Bohnen bekommen – zum Selbermahlen oder direkt essen. Ansonsten gibt es Schokolade in verschiedenen Intensitätsstufen – von rund 80 bis 100 Prozent Kakaoanteil. Im diesen September eröffneten Ladencafé können die Gäste auch Kaffee oder frisch gemachte heiße Schokolade trinken. Um noch mehr Menschen vom echten Kakaogeschmack zu überzeugen, bieten Boesl und Schülke in ihrer Manufaktur auch Seminare zur Herstellung von Schokolade an. „Es ist uns wichtig, das Wissen zu teilen“, sagt Boesl. Die Kurse kosten 25 Euro pro Person; Kinder unter zwölf Jahren dürfen umsonst mitkommen.
Natürlich kostet Belyzium-Schokolade deutlich mehr als die Produkte der großen Hersteller. Eine 50-Gramm-Tafel ist für 5 Euro zu haben. Das dürften sich viele Berlinerinnen und Berliner nicht täglich leisten können oder wollen. Doch wer einmal den fruchtigen Geschmack einer Tafel „Tabu“ oder eine heiße Schokolade mit „Mayan Chili“ probiert hat, wird lieber einige Tage Verzicht üben, bevor er ersatzweise zum gewöhnlichen Supermarktprodukt greift.