Symposium in neuer Quartiershalle

Campus Rütli – Erfolgsmodell für überall?

Zuvor hatten sie in kurzen Vorträgen mit visueller Unterstützung ihre Arbeit am Campus vorgestellt.
Zuvor hatten sie in kurzen Vorträgen mit visueller Unterstützung ihre Arbeit am Campus vorgestellt. Zur Foto-Galerie
In der neu eröffneten Sporthalle an der Rütlistraße wurde am Mittwoch bei einem Symposium die positive Entwicklung des Projekts Campus Rütli gewürdigt. Daran schloss sich die Frage an, ob das Konzept auf andere Standorte übertragbar sei - wie beispielsweise in die Gropiusstadt.

Als vor rund sechseinhalb Jahren der Brief mit dem dramatischen Appell bekannt wurde, den die Rektorin der Rütli-Hauptschule an den Berliner Senat schickte, hätten die wenigsten Beobachter damit gerechnet, dass das kurze Zeit später initiierte Projekt Campus Rütli im Jahr 2012 als ein Modellkonzept gelten würde. Die Schule schien zu sehr mit dem Makel behaftet, an einem sozialen Brennpunkt zu liegen, sie schien sogar selber einer zu sein. Am Donnerstag wurde nun die neue Quartiershalle an der Rütlistraße eingeweiht, die als Veranstaltungsort, aber vor allem als Sporthalle für den Campus Rütli dienen wird. Die Feier war ein willkommener Anlass, nach fünf Jahren Bilanz zu ziehen und über den Transfer des Konzepts in andere Gegenden nachzudenken.

Zu diesem Zweck organisierte die Friedrich-Ebert-Stiftung das Symposium „Ist Campus Rütli – CR² übertragbar?“ Um über die Fortschritte und die tägliche Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen zu informieren, hielten zunächst neun direkt Beteiligte kurze Vorträge. Schon Muhsin Kazar, Lehrer an der Gemeinschaftsschule und erster Referent, brachte den Gedanken hinter dem Campus-Konzept auf den Punkt: „Um Beziehungen zu sichern, schaffen wir für die Übergänge Brücken.“ Der Campus Rütli verzahnt inner- und außerschulische Angebote für Kinder unterschiedlicher Altersstufen. So soll der Übergang von der Kita in die Schule ebenso wenig zum Bruch werden wie die Freizeitgestaltung nach dem Unterricht. Zum Konzept gehören ergänzende Betreuung, eine Jugendfreizeiteinrichtung, die Lernwerkstatt und interkulturelle Moderation.

Gemeinsamkeiten stärken, Eltern einbinden

Durch die Zusatzangebote am Nachmittag und frühen Abend sollen die Gemeinsamkeiten der Schülerinnen und Schüler hervorgehoben und ihnen eine stabile Tagesstruktur geboten werden, wie Wiebke Retzlaff, leitende Erzieherin der Ergänzenden Betreuung erläuterte. Um auch die Familien einzubinden, gibt es die Elterninitiative Reuterkiez. Deren Vertreterin Kerstin Häußermann betonte, inzwischen sei ein gemeinsames Interesse an allen Kindern spürbar. Buseyna Sahili berichtete, wie sie bei ihrer Tätigkeit als Interkulturelle Moderatorin auf jene Mütter und Väter nicht-deutscher  Herkunft zugeht, die Probleme mit Sprache und Integration haben.

Im Anschluss an die neun Referenten aus dem Kiez gab Psychologe Dr. Michael Jäger seine Einschätzung zur Übertragbarkeit des Leuchtturm-Projekts Campus Rütli ab. Er lobte die große Intensität der Beziehungen und das erkennbare gemeinsame Interesse, Bildungschancen zu ermöglichen. Um das Konzept auf andere Schulen zu übertragen, benötige man neben den notwendigen finanziellen Mitteln auch Wissen und Begleitung für die einzelnen Schritte.

Rütli als Vorbild für Gropiusstadt

Die Neuköllner Schulstadträtin Dr. Franziska Giffey würdigte die Leistungen aller Beteiligten und forderte, man solle „Schule nicht als pädagogische Insel betrachten, sondern als einen Ort, der sich öffnet.“ Giffey glaubt an die Übertragbarkeit des Rütli-Konzepts: Sie möchte im Ortsteil Gropiusstadt einen Campus Efeuweg einrichten, um auch dort Kita, Grundschule, Oberstufenzentrum und eine Jugendfreizeiteinrichtung zu vernetzen. Bildungsstaatssekretär Mark Rackles von der Senatsverwaltung sprach von einer extrem beachtlichen Leistung, die am Campus Rütli in der Kürze der Zeit gelungen sei. Darüber hinaus wagte er einen Blick in die Zukunft: Bei der Suche nach einer Campus-Leitung gebe es Fortschritte; Ziel müsse es außerdem sein, Kontinuität zu wahren und von Honorarverträgen zu langfristigen Arbeitsverhältnissen zu kommen.

Das allgemeine Lob konnte Schulleiterin Cordula Heckmann auch mit Zahlen unterfüttern: Nur fünf Prozent der Schüler blieben an der Rütli-Gemeinschaftsschule ohne Abschluss – Zahlen, die deutlich unter dem Berliner Durchschnitt lägen. Das Schlusswort blieb Dr. Volker Hassemer von der Stiftung Zukunft Berlin vorbehalten. Der ehemalige Stadtentwicklungssenator bezog ausdrücklich auch Bezirksamt und Schulverwaltung in sein Lob ein und befand: „Das Wichtigste an diesem Projekt ist, dass es wirklich ein Gemeinschafswerk ist.“ Hassemer bezweifelte jedoch, dass es nötig und wünschenswert sei, Campus Rütli auf andere Schulen zu übertragen. Es reiche, Erfahrungen weiterzugeben – vor Ort müsse dann ein eigener Weg gefunden werden. Geld sei zwar unabdingbar, aber am Ende gelte: „Es kommt auf die Menschen an.“

Campus Rütli, Rütlistraße 41, 12045 Berlin, http://www.campusrütli.de/


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Campus Rütli, Rütlistr. 41, 12045 Berlin

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