Interview mit Star-Autor

Sebastian Fitzek über kletternde Fische und Weicheier

Sebastian Fitzek im dunklen Anzug in einem Hinterhof
Der Gänsehaut-Experte zeigt sich in seinem neuen Buch von seiner sensiblen, väterlichen Seite.
Was ist wirklich wichtig im Leben? Thriller-Autor und Bestseller-Garant Sebastian Fitzek wollte klare Antworten auf diese komplexe Frage finden und wurde dabei ganz schön wütend: auf sich selbst. Wir haben ihn getroffen ...

Jede Menge Ingwertee hat Sebastian Fitzek heute schon getrunken, als wir ihn im Lenzig treffen. Das Café mit den dunklen Wänden und weißen Tischdecken wirkt fast zu harmlos für Deutschlands erfolgreichsten Thriller-Autor, aber vielleicht hat er es deshalb ausgewählt… denn heute geht es um sein neues Buch: Fische, die auf Bäume klettern eine Art Ratgeber für seine Kinder und alle, die ein wenig mehr über das Leben nachdenken möchten. Worauf kommt es wirklich an? Was für Ziele und Träume sind wichtig und welche sind nichtig? Über zweihundert Seiten mit Antworten sind dem Bestseller-Autor eingefallen – inklusive Berichte über Jugendsünden, eigene Erfahrungen, philosophische Gedanken und Humor. Ja, Humor braucht man im Leben, meint Fitzek, so viel kann ich spoilern. Schon der Titel klingt witzig. Der bezieht sich auf ein Zitat von Albert Einstein, der sagte: „…wenn du einen Fisch danach beurteilst, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm ist.“

Wut auf sich selbst

Warum Fitzek dieses sehr persönliche Buch, das wie ein Brief an seinen Nachwuchs formuliert ist, überhaupt veröffentlicht hat? Weil er sich festlegen wollte. Hätte er die Seiten in seinem Schreibtisch aufbewahrt, bis Felix (5), David (7) und Charlotte (8) groß genug sind, es zu lesen, wäre er in Versuchung geraten, immer mal wieder ein paar Ansichten anzupassen. Nun sind seine Überzeugungen und Werte festgehalten – für die Ewigkeit. Und obwohl der Ansatz, sich zu überlegen, was man den Kindern mit auf den Weg geben möchte, bevor man stirbt, ein trauriger ist, hat Fitzek das Buch insgesamt eher beschwingt geschrieben. „Ich bin durch meine anderen Bücher schon gestählt“, verrät uns Fitzek. „Ich verarbeite ja immer meine Sorgen und Ängste, die ich als Familienvater habe, und gehe genau dorthin, wo es wehtut.“ Überrascht hat ihn ein anderes Gefühl: die Wut auf sich selbst. „Ich wähnte mich sattelfester in meinen Überlegungen und Prinzipien und Weltanschauungen. Beim Schreiben merkte ich, dass ich doch so einiges noch klar ziehen musste…“ Deshalb hat der gewohnte Schnellschreiber fast fünf Jahre an dem Buch gearbeitet. Nun sind seine Maßstäbe und Grundwerte endlich gefestigt. „Ausschließen, dass ich in zehn Jahren ein ganz anderes Buch schreiben würde, kann ich natürlich nicht“, gesteht er und lacht.

 

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Ein Beitrag geteilt von Sebastian Fitzek (@sebastianfitzek) am Jan 11, 2019 um 8:55 PST

Was das Leben besonders ausmacht, das sind die Dinge, die wir erleben, und die Erinnerungen, die wir sammeln. Sebastian Fitzek spart daher nicht an Anekdoten, Irrtürmern und Ereignissen aus seinen eigenen 47 Lebensjahren, die ihn geprägt haben, wie die Zeit, als er glaubte einen psychisch kranken Freund retten zu können oder hoffte, als Schlagzeuger besser Mädchen kennenlernen zu können. „Noch sind meine Kinder ja in der Phase, in der sie die Eltern für Supermänner und Superfrauen halten, das wird bald vorbeigehen. Aber ich glaube, dass es Selbstbewusstsein gibt, wenn sie wissen, dass es dem, den sie jetzt noch ganz toll finden, ähnlich erging wie ihnen selbst.“ Selbst an das Thema Liebe traut er sich heran, ja, nicht einmal die Schwächen seiner Frau sind tabu. „Ich habe natürlich mit ihr darüber gesprochen und wenn man sie heute sieht, kann man gar nicht glauben, dass es ihr früher an Selbstbewusstsein mangelte.“

Mangelndes Selbstbewusstsein

Auch Fitzek selbst war lange Zeit ein eher unsicherer Typ. Kaum zu glauben, wenn man heute sieht, wie er auf der großen Bühne steht, Leute unterhält und einen Bestseller nach dem anderen abliefert. Für seine Kinder wünscht Fitzek sich, dass „sie nicht ihr Leben in der zweiten Reihe verbringen aus Angst vor Reaktionen vor anderen Menschen, die sie – und das ist das Paradoxe – gar nicht kennen.“ Leider sei das Sich-Verstecken schon ein Standardzustand, der durch die sozialen Medien gefestigt wird. „Man will in seiner Selbstdarstellung nicht viel von sich preisgeben, eigentlich nur das, was ganz sicher einen Daumen hoch bekommt.“

Der nächste Thriller kommt bald

Sein Ausflug in die Sachbuchwelt hat Fitzek nicht davon abgehalten, schon den nächsten Thriller vorzubereiten. Welches Verbrechen er dieses Mal in den Fokus stellt, verrät er nicht, nur dass es für ihn keine Tabus gebe. Es muss relevant sein und ihn als bekennendes Weichei berühren. Thriller-Autoren sind empathisch, dadurch unterscheiden sie sich von den Psychopathen. Wahrscheinlich ist jedenfalls, dass auch der neue Plot im Südwesten Berlins spielen wird: „…weil ich da verwurzelt bin und weil der Bezirk Grunewald so eine morbide Grundstimmung hat“, erklärt Fitzek. „Hinter der Fassade der heilen, reichen Welt findet man oft Verzweiflung, Geldnot und Tragik. Das spiegelt sich auch in den einzelnen Häusern wider.“ So empfiehlt er uns einen Spaziergang durch die Straßen des Nobelbezirks – vorbei an der modernen Villa M und der Villa Nölle, die einem Spukschloss gleicht. „Wohnen tue ich dort nicht, deshalb kann ich auch nicht das Nest beschmutzen.“ Gerächt hat er sich übrigens noch nie an jemandem, indem er ihn zu einer unsympathischen Romanfigur verarbeitet hat. Nur bei einem Nachbarn ist er mal in Versuchung gekommen: „Aber dann habe ich gedacht, wenn der das liest, habe ich ja noch mehr Ärger…“

Fische, die auf Bäume klettern: Ein Kompass für das große Abenteuer namens Leben ist im Droemer Verlag als Hardcover erschienen und für 18,00 Euro im Handel erhältlich.

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