Margarete Kühn, der Magistrats-Referentin für Denkmalpflege, und Walter Ulbricht, dem SED-Generalsekretär, verdankt das Charlottenburger Schloss vermutlich seine Rettung. Bereits 1946 hatte die Kunsthistorikerin und erste Direktorin der Berliner Schlösserverwaltung begonnen, für den durch Bombardements im November 1943 schwer beschädigten Sommersitz der preußischen Könige Unterstützung bei den Besatzern zu suchen. Ein britischer Kunstschutzoffizier half mit Sicherungsmaßnahmen, ermöglichte sogar erste Ausstellungen.
Für die Rekonstruktion unwiederbringlicher Kriegsverluste hatte schon ein paar Jahre zuvor ein Führerbefehl vorgesorgt, der zwischen 1943 und 1945 veranlasste, dass 1700 Objekte im Großdeutschen Reich mit rund 500.000 Diapositiven dokumentiert wurden, darunter Räume im Schloss Charlottenburg und die ab 1704 eingerichtete, noch im Februar 1945 durch Granateneinschlag in Brand gesetzte königliche Kapelle.
Nach dem Abriss des Stadtschlosses wandelte sich die Stimmung
Wiederherstellen oder vollends vernichten? heißt das Buch, in dem die Denkmalpflegerin Katharina Steudtner den Rettungsfall dieses Schlosses und der Königlichen Kapelle im Detail als Exempel untersucht: für Theoriebildung und denkmalpflegerische Praxis (Gebr. Mann Verlag, 512 Seiten, 69 Euro). Das Werk, ihre Dissertation, stellt sie im Weißen Saal vor, jenem Prachtraum, dessen mythologisches Deckengemälde von einst sich unter Verheerungen der Vergangenheit und den Überlegungen der Restaurateure in ein abstraktes Flammenopus des Malers Hann Triers von 1974 verwandelt hat.
Die vier Phasen der Rettung
Die Autorin gibt einen Überblick auf vier Phasen Schlosskapelle-Rettung: die Ruine zwischen Verfall und Vision (1945 – 1955); konstruktive Wiederherstellung (1955 – 1962); restauratorisch-dekorative Arbeiten (1962 – 1969); Wiedergewinnung eines Gesamtkunstwerks (1969 – 1978). Dem Publikum zeigt sie beim Besichtigungsgang durch ihre Kapelle, wie harmonisch Schichten dieses Ensembles sich zusammenfügen: scheinbar improvisiert, wie Edwin Redslob 1954, vor der Wiederherstellung, schwärmte, indem der Baumeister Eosander „die Bauglieder fast spielerisch über die Wand verteilte und von plastisch modellierten Draperien und fliegenden Putten unterbrechen ließ.“