Kommentar

Nieder mit den Cheerleadern?

Alba Dancers stehen Spalier für Basketballer
Grenzwertig: nur Deko oder ernstzunehmende Sportlerinnen?
Alba Berlin will modern sein und denkt dabei sehr altmodisch: Wieso müssen Cheerleaderinnen aufhören zu tanzen, wenn Männer über Sexismus nachdenken? Ein Kommentar, der zur Diskussion anregen soll ...

Die Cheerleaderinnen vom Basketball-Verein Alba Berlin wurden abserviert. Statt weiter die Pausen bei den Spielen der erfolgreichen Männer mit Akrobatik und Tanz zu gestalten, will man die jungen Frauen im Alter von 18 aufwärts künftig vor lüsternen Blicken und degradierenden Gedanken schützen. An Wettbewerben dürfen die Mädchen aber weiter teilnehmen – da wären sie keine Deko, sondern Sportlerinnen. Aber werden diese Sportlerinnen nicht genau wegen dieser Entscheidung zu reinen Sexobjekten gemacht? Alba-Geschäftsführer Marco Baldi bezeichnet die Alba Dancers in seiner Begründung für das Aus als attraktive Pausenfüller, die nach 25 Jahren angeblich nicht mehr in die Zeit passen.

Sportlerinnen oder Sexobjekte

War also das harte Training der Truppe umsonst? Hat man in all den Jahren nicht mehr in ihnen gesehen, als „attraktive Pausenfüller“? Trotz Preisen und Auszeichnungen, die sie in jeder Saison gewannen? Dabei ist das Cheerleading eine der wenigen Sportarten, in denen die Frauen so gut sind, dass sie die Männer extrem zurückgedrängt haben. Begonnen hat die Geschichte des Cheerleadings nämlich mit Jungs, die Ende 1898 bei einem American-Football-Match das Publikum mit organisierten Anfeuerungsrufen in Stimmung brachten. Daraus entstand die eigenständige Sportart, die wir heute kennen – mit Bodenturn-Elementen, Tanz, Akrobatik, aber auch immer noch mit den Anfeuerungsrufen, den Cheers. Durch das Verbot – nichts anderes ist es schließlich – dürfen die Alba Dancers einen wichtigen Bestandteil ihres Sports nicht mehr ausüben.

 

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Ein Beitrag geteilt von ALBA Dancers von ALBA BERLIN (@alba_dancers) am Mär 19, 2019 um 10:07 PDT

Es ist übrigens nicht gesetzt, dass Cheerleader als All-Girls-Company auftreten müssen. Gemischte Coed-Teams gibt es vor allem im Heimatland, den USA, mehr als zahlreich. Und so stimmen wir erstmals CSU-Altmann Horst Seehofer zu, der in der BILD am Sonntag sagte: „Wenn die Besetzung nur mit Frauen als nicht mehr zeitgemäß empfunden wird, könnten wir das verändern“, und mit gemischten Cheerleading-Teams „auch viel stärker unsere Gesellschaft und die Zusammensetzung der Fans abbilden“. Wir plädieren dafür, tanzwillige Jungs – ja, die gibt es, wenn man allein an den Aufschrei denkt, als jüngst eine US-Journalistin sich über Prinz George lustig machte, der gern Ballett tanzt, – zu casten und die Kostüme zu modernisieren – damit meinen wir keine Ganzkörperanzüge oder spießige Trikots. Eine andere Idee wäre, sich mal anzuhören, was die Cheerleaderinnen selbst sagen…

Wider die Bevormundung

Die Trainerin der Alba Dancers, Valeska Stix, sei mit einbezogen worden in die Entscheidung, die Pausenauftritte zu streichen. Allerdings betont die, dass sie die Begründung persönlich falsch findet… Die Entscheidung aber nicht? Was bleibt denn da argumentativ noch an Zustimmung für das Ende auf dem Spielfeld? Was veranlasst Stix dazu, ihren Mädchen diese Chancen zu nehmen, öffentlich wahrgenommen zu werden? Es sehen einfach mehr Menschen bei einem Basketball-Match zu als bei einem Cheerleader-Wettkampf. Und warum sollten die Alba Dancers nicht mehr das Basketball-Team der Männer unterstützen? Im Gegensatz zu den Grid Girls in der Formel 1, die 2018 abgeschafft wurden, sind die Cheerleaderinnen keine leichtbekleideten Mädels, die einzig dazu dienen, Herren heiß zu machen. Wie gesagt, es sind Sportlerinnen, die nicht mitreden durften. Einige Alba Dancer sind in andere Teams gewechselt. Andere beendeten ihre Sportkarriere. Die Füchse betonen, dass man ihr Cheerleader-Team Dance Deluxe weit mehr zu schätzen wisse und weiter tanzen lassen werde. Ehrlich, die männliche Bevormundung in Sachen Emanzipation nimmt solche Ausmaße an, dass wir auch an dieser Front für Gleichberechtigung und Mitspracherecht kämpfen müssen.

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