Wer unterwegs dringend mal muss, hat meist ein Problem: Wo ist die nächste Toilette? Die Berliner Klo-Situation scheint dabei keine große Hilfe zu sein. Die rund 250 öffentlichen Toiletten in Berlin sind werbefinanziert und werden von der Wall GmbH, einem deutschen Unternehmen für Außenwerbung, finanziert. Doch der Vertrag mit Wall läuft Ende 2018 aus. Was danach mit den Toiletten passieren wird, ist noch nicht ganz klar. Entweder findet sich ein neuer Betreiber, der die Klohäuschen abkauft oder die Toiletten von Wall werden wieder abgebaut. Für die Übergangszeit würden dann mobile WCs aufgestellt werden.
Geschichte der Berliner Klokultur
Eine die sich mit den Problemen der stillen Örtchen in Berlin auskennt, ist Anna Haase. Seit zehn Jahren bietet sie die Tour de Toilette an, eine Stadtführung rund um das die Toilette und Berlins Hygienekultur. Haase hat Slawistik studiert und zu DDR-Zeiten im Mode-Institut der DDR, unter anderem als Russisch-Dolmetscherin, gearbeitet. Bis 1997 war sie in der Touristeninformation tätig, dann machte sich die gebürtige Sudetendeutsche als Stadtführerin selbstständig. Seitdem erkundet sie sämtliche Facetten dieser Stadt, bietet neben der Tour de Toilette weitere Rundgänge zur Berliner Mode, BND-Thematik oder zur Gentrifizierung an und ist im Grunde ein wandelndes Berlin-Lexikon. „Ich denke immer: Ein menschliches Gehirn kann diese Stadt gar nicht erfassen! Aber ich bin schon nah dran“, sagt sie lächelnd. Wenn es so etwas wie DAS Berliner Original gibt, dann wird es von der 64-Jährigen perfekt verkörpert.
Anna Haases Tour de Toilette ist mittlerweile fast schon legendär. Los geht’s am Gendarmenmarkt. Dort steht ein grünes Toilettenhäuschen aus dem Jahre 1880, das scherzhaft Café Achteck bezeichnet wird. Von da aus erkundet man dann mit U- und S-Bahn die Toiletten Stadt. Bei Haase kann man aber auch eine ganz individuelle Führung bestellen, zum Beispiel zu dem Ort, an dem man zur Schule gegangen ist oder an dem man geheiratet hat. „Es macht mir viel Freude zu recherchieren und mir die Dinge vor Ort anzuschauen. Ich fahre überall hin und wenn es die Ostsee ist“, erklärt Haase. „Die Arbeit hat aber auch einen hohen Anspruch: Oft bin ich der einzige Mensch, den Reisegruppen in Berlin kennenlernen. Das geht mit einer gewissen Erwartungshaltung einher.“
Lieblingsort: Rathaus Schöneberg
Die Wahl-Schönebergerin ist seit 1992 im Bayerischen Viertel zu Hause. Aus ihrer Wohnung am Viktoria-Luise-Platz musste sie 2009 ausziehen – die Miete wurde zu teuer. Jetzt wohnt Haase in der Ettaler Straße. Was sie an ihrem Viertel schätzt? „Ich finde es gut, dass die jüdische Geschichte Schönebergs so gut dokumentiert ist. Das war ja mal ein nobles Viertel mit vielen Gründerzeitvillen“, meint sie. „Mein Lieblingsort hier ist das 100 Jahre alte Rathaus, das ist ein echtes Stück Geschichte.“
Eine Sache liegt der passionierten Stadtführerin sehr am Herzen: das Drehorgelspiel. Im November 2013 hat sie mit dem Verein der Internationalen Drehorgelfreunde Berlin bei der UNESCO den Antrag gestellt, dieses als immaterielles Weltkulturerbe der Bundesrepublik eintragen zu lassen.
Mehr Infos zu allen Führungen von Anna Hasse findest du auf ihrer Website.