Online-Dating ist ja schön und gut. Aber eigentlich sind Electro-Clubs die Orte, an denen ich mehr attraktiven Männern mit ähnlichen (Musik-)Interessen über den Weg laufe als in irgendeiner App. Und wieso sollte ich hier nicht mal ganz bewusst auf Flirtkurs gehen? Nicht, dass ich nicht schon hier und da einen Typen mit nach Hause genommen hätte. Aber das war meistens eher Zufall beziehungsweise hat sich aufgedrängt, weil der Mann den ersten Schritt gemacht hatte. Denn, wie bereits erwähnt, ich kann ziemlich schüchtern sein, wenn es darum geht, jemanden anzusprechen, der mir gut gefällt.
Daher die Mission: Geh aus und sprich Männer an! Die Wahl fiel spontan auf die Griessmühle. Da ist es ganz besonders dunkel und ganz besonders laut, daher dachte ich: „Hey, ideal, um sich zur Not einfach verstecken zu können“. Mit einer moderaten Menge Wodka-Mate im Blut stratzte ich also gegen zwei Uhr nachts mit zwei Freunden in diese dröhnende Technobude. Und anstatt mich wie sonst erstmal auf meine Freunde, meinen Rausch und mich zu konzentrieren, ließ ichdirekt meinen Scan-Blick schweifen. Gar nicht so leicht, denn es war WIRKLICH dunkel.
Ich tanzte hier ein bisschen und dort ein bisschen und spürte einige interessierte Blicke. Und Männer, die sich tanzenderweise näherten. Aber es ist gar nicht so einfach, alte Gewohnheiten zu ändern. Denn sobald der Mann mich etwas intensiver anschaute, drehte ich mich in die andere Richtung. Es soll ja niemand denken, dass ich ihn toll finde! Außerdem kann er mich ja auch einfach ansprechen?!
Wodka und Eigeninitiative
Noch einen Wodka später (ja, es ist schlimm) fasste ich mir schließlich ein Herz und ergriff ausnahmsweise selbst die Initiative. Mein Objekt der Begierde: Typ Hipster, interessantes Gesicht. Doch sein Blick sagte nicht viel mehr als „ich habe einen Haufen Drogen genommen“. „Trinkst du einen Wodka mit mir?“, war mein genialer Anmachspruch. Und er: „Ich kann nicht, ich trinke nur Wasser.“ Das verwirrte mich so sehr, dass ich völlig über mich hinauswuchs: „Wenn du knutschen willst, sag Bescheid“. „Okay“, erwiderte der Druffi doch allen Ernstes. Er fasste mich an den Hüften und versuchte, ein wenig mit mir zu tanzen. Aber sein Blick ging eher durch mich durch als in meine Augen. Nach wenigen Minuten trennten sich unsere Wege wieder.
Die Typen, die mir zugewandt waren und ausdauernd in meiner Nähe tanzten, fand ich leider doof. Da half auch der Wodka nicht. Einen Mann vergraulte ich mit der Frage „Du bist aber nicht schwul, oder?“ Pure Verzweiflung. Der Club leerte sich, meine Stimmung drohte zu kippen. Und da wuchs ich nochmal über mich hinaus und entdeckte einen Mann, der mir vorher gar nicht aufgefallen war. Vielleicht, weil seine Körpergröße ein wenig durch mein Beutschema rutschte. Aber er war ganz hübsch, gut gebaut, endlich auch mal jenseits der 30 und lächelte mich ziemlich nett an. Das muss man erstmal hinkriegen um sieben Uhr morgens. Und noch beeindruckender war, dass ich seinem Blick lange genug standhielt, um ebenfalls meine Mundwinkel nach oben zu ziehen. Und schwupps, waren wir im Gespräch.
Endlich ein Treffer
Er war auch sofort bereit, mit mir einen Wodka zu trinken. Viel unterhalten war tatsächlich nicht mehr drin, es war laut, und sein britischer Akzent machte das Verstehen nicht einfacher. Deswegen gingen wir schnell zum Knutschen über. Das ist dann komischerweise immer ganz einfach. Genauso wie die Frage: „Sollen wir gehen?“
Und die Moral von der Geschicht‘ … die gibt es eigentlich nicht. Denn natürlich war dieser nette Brite auch nicht mein Traummann. Zumal er einen Tag später wieder abgereist ist. Auch so ein Berlin-Touri-Problem. Aber immerhin habe ich endlich mal einen Blickkontakt-Kontakt hingekriegt. Und mal wieder gemerkt: Clubs sind auch ein bisschen wie Tinder. Es matcht nicht immer. Selbst, wenn man sich wirklich Mühe gibt. Aber manchmal muss man eben auch den ersten Schritt machen. Oder zumindest seine Scheu ablegen. Dann kann man vielleicht auch mal vor acht Uhr gehen.
Auf die Triebe!
Was soll ich als nächstes ausprobieren? Schreib an: redaktion@qiez.de
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