Ich muss es gleich vorwegnehmen: Ich bin nicht unter den besten Voraussetzungen in den Abend gestartet. Ein paar heiße Dates der vergangenen Tage spukten mir noch durch den Kopf, ich war ziemlich verfeiert und hatte, ja, auch das – Vorurteile. Denn warum sonst habe ich so etwas wie eine Singleparty, die tatsächlich als Singleparty deklariert ist, gemieden?
Nicht ohne Vorurteile
Vielleicht, weil es etwas Verzweifeltes hat. So ein bewusstes: „Hallo! Ich bin Single, möchtest du mich ansprechen? Schau, ich trage auch ein blinkendes Herz, pulsierend wie meine ungestillte Lust…“. Vielleicht war es auch dieser immer gleiche Ü-30-Party-Look, den die unsäglichen, knallbunten Plakete ausstrahlten. Nach dem Motto „Feiern auf gefühlten 38 Floors zu dem Besten der 70er, 80er, 90er“. Und am besten noch mit einem bekackten Klamotten-Motto. Ja, ich übertreibe. Und es tut mir auch leid. Vorurteile sind doof. Deswegen war der Plan für diesen Freitagabend: Wir gehen auf eine Singleparty. Und zwar auf eine, die schon eine ganze Weile existiert und deswegen offenbar funktionieren muss: „Fisch sucht Fahrrad“.
Die findet mittlerweile im Pirates statt, dieser Kombination aus Restaurant und Club an der Spree. Die Location hat durchaus was für sich, vor allem im Sommer: Blick aufs Wasser, großer Außenbereich mit Sandstrand und alles sieht so aus. Auch das ein großer Unterschied zu den Clubs, in denen ich sonst verkehre (hihi). Ich konnte zwei Freundinnen überreden, mich auf meiner Mission zu begleiten. Natürlich haben wir uns ein bisschen aufgebretzelt und stehen nun, nachdem wir mit unseren Absätzen tiefe Löcher in den Sand gelatscht haben, vor dem Eingang. Hier wundere ich mich das erste Mal: Warum ist hier nix los? Da sind nur die paar Nasen, die auf der Terrasse stehen, und der Türsteher, der uns fragend anschaut. Dafür dröhnte die Musik von innen umso lauter: „Like a Virgin“ von Madonna.
Na gut, 80er finde ich ja voll okay, das ist tanzbar, das ist wie früher. Kurz habe ich das Gefühl, der Türsteher zweifelt an meinen ernsten Absichten. „Aber ja doch, ich will hier rein!“ Ich habe nur versehentlich ein bisschen zu viel Wein vorgetrunken und mache zugegebenermaßen ein bisschen zuviel Aufhebens um das Erklimmen der Treppe. Zehn Euro, Stempel, wir sind drin. Und da bin ich dann doch etwas enttäuscht. Ich hatte mir ausgelassene, sexuell aufgeladene Stimmung ausgemalt.
Stattdessen sitzen viele Leute rum – und lächeln. Der ganze Laden erinnert mich irgendwie an die Locations, in denen ich früher in meiner Heimat war. Die Chart-Musik, die schneeweißen Toiletten, der DJ, der ins Mikrofon spricht und das kunterbunte Publikum. Das Gegenteil vom Hipsterschuppen mit bärtigen Typen und gestylten Sneakermädchen. Dafür: Frauen mit hübschen Blusen und Föhnfrisur, glatt rasierte Männer. Altersmäßig irgendwas zwischen 20 und 50 Jahren. Das wirkt ganz, ein paar tanzen auch und schlürfen bunte Cocktails.
Ohne Sex zurück zum Alkohol
Nur ob hier gerade ernsthafte Flirts im Gange sind? Viele scheinen in größeren Gruppen gekommen zu sein, und es gibt durchaus Gespräche zwischen Männer und Frauen. Aber Lust und Leidenschaft? Fehlanzeige. Dazu kommt: Die Männer sind einfach nicht mein Typ. Keiner. Und das ist nicht böse gemeint. Aber ich muss es mir schon nach wenigen Minuten eingestehen: Ich bin voreingenommen und festgelegt. Vor allem bei Männern. Und Clubs. Hier im Pirates können mich die Herren noch so nett anlächeln – ich will nicht. Ich komme nicht klar, wenn ich aus meiner (mühsam zurechtkreierten) peer group herausgerissen und in ein anderes Umfeld verpflanzt werde. Im Urlaub geht das vielleicht, oder in der Heimat, aber nicht in Berlin.
Deswegen verlassen wir die Party wieder. Vielleicht zu früh? Und definitiv ohne einen einzigen Flirt, um genau das zu tun, was wir auch die letzten Wochen und Monaten gemacht haben: Wir trinken noch mehr (natürlich Schnaps und Mate statt schöner Cocktails) und starten einen Barmarathon im üblichen Szene-Dunstkreis zwischen Kreuzberg und Neukölln. Sex hat an diesem Abend keine von uns, und der Traummann hat sich auch nicht vorgestellt. Dafür aber die üblichen Leute, das übliche Getanze zur üblichen Musik und das Gefühl, genau zu wissen, wo ich hingehöre. Zumindest in meiner kleinen, festgelegten Welt, die mich zusammenhält. Und in der ich vermutlich noch eine Weile Single bleibe. Aber zumindest wird es nicht langweilig – doch dazu mehr beim nächsten Mal.
Fisch sucht Fahrrad im Single-Check
Handhabung: easy. Man geht einfach hin und die Tür scheint wenig streng zu sein.
Erfolgsquote: Je nachdem – wer offen ist und weniger festgelegt als ich, der wird hier sicherlich das eine oder andere nette Gespräch führen können. Und eine Runde knutschen ist bestimmt auch drin.
Kosten: 7-10 Euro Eintritt
Spaßfaktor: Auch das kommt, wie vermutlich in jedem Club, darauf an: Es ist eine solide Party zum Tanzen und fröhlich sein, fernab typisch-abgeranzter Electroclubs. Für mich eine Art Flashback in meine Jugend, für andere vielleicht genau das Richtige.
Was soll ich als nächstes ausprobieren? Schreib an: redaktion@qiez.de