Babys, Hochzeiten, Pärchenausflüge – ich bin ja mittlerweile sowas wie ein alter Hase, wenn es darum geht, mich mit den wunderbaren Auswüchsen der menschlichen Zweierbeziehung auseinanderzusetzen. Und knallhart zu partizipieren, als Zaungast, sozusagen. Jetzt stand ich allerdings vor einer neuen Herausforderung. Für eine meiner ältesten Freundinnen wurde ein Junggesellinnenabschied organisiert. In einer mittelgroßen deutschen Stadt bzw. einem Vorort von dieser – denn dort wohnte die Organisatorin des Ganzen, und dorthin reisten also acht Frauen aus fünf unterschiedlichen Städten an. Voll nett, weil geheim und die Braut total überrascht. Freudentränen, Sekt in Strömen. Das Gute und für mich eine Grundvoraussetzung, um überhaupt zu diesem JGA zu kommen: Keine Verkleidungen, keine albernen Spielchen mit Kondome verkaufen und so ein Rotz. Nur essen, trinken, zusammen ausgehen. Immerhin.
Junggesellinnenabschied in der Provinz – heftig
Doof nur: Ab Minute eins habe ich mich trotzdem gefühlt wie ein mies gelaunter Alien. Und das nicht, weil ich nicht damit klarkomme, dass meine Freundin heiratet. Aber alles an diesem Besuch hat sich so sagenhaft fern der eigenen Lebenswelt angefühlt. Ich fahre super gerne und sogar relativ oft aufs Land, entweder zu Freunden, die da einem Zweitwohnsitz haben oder einfach zum durch die Natur Wandeln. Und ich habe auch verstanden, dass man in Häusern statt in Altbauwohnungen leben kann, wenn man groß ist. Aber hier, in dieser Kleinstadt, in diesem Reihenhaus mit der dunkelgelben Markise, und diese Mischung aus Ladies aus völlig unterschiedlichen Kontexten, die sich dem harten Smalltalk ergaben und daran offenbar auch Spaß zu haben schienen („und woher kennst du…?“). Alle waren in Beziehungen, fanden Berlin „schon ziemlich cool“, könnten sich das für sich selber aber gerade nicht vorstellen und das wäre ja mit Kindern auch echt irgendwie nix… aber heute, bähm, da würden sie alle mal richtig auf die Kacke hauen wollen. Endlich mal wieder ausgehen nach acht Monaten. Ich kam gar nicht klar und schenkte mir mit Nachdruck Sekt ein. Und dann kam ja noch das Ausgehen selber: In der nächstgrößeren Stadt gibt es eigentlich ein ganz gutes Angebot an Bars und Clubs. Nur musste man natürlich entscheiden, was allen gefallen würde. Wir entschieden uns für eine 90er-Party. Auch ziemlich schlimm, aber auch da kann der DJ ja das Beste rausholen und nicht nur totale Scheiße und die Backstreet Boys spielen. Allerdings: Er spielte totale Scheiße und die Backstreet Boys. Und die Leute, offenbar ebenfalls größtenteils aus den umliegenden Kleinstädten angereist oder Studenten, flippten total aus.
Verliererin auf dem Dancefloor: Single-Lady Mascha
Und schon wieder: Ich kam gar nicht klar. Aus lauter Verzweiflung versuchte ich, mit 22-jährigen Studenten zu flirten (ich erzählte ja letztens die Vorzüge junger Männer und so…) doch nicht einmal das wollte an diesem grauenhaften Ort voller ultrabesoffener Hohlbirnen gelingen. Mir fiel nichts Besseres ein, als mich direkt als Alien, das eigentlich viel zu alt für diesen Laden ist, zu outen. Das war dann eher so ne „ach, ihr Jungens, Mutti erzählt euch jetzt mal was vom Leben“-Nummer. Richtig schlecht. Also, meine eigene Performance. Ich war mehr als froh, als die tatsächlich extrem feierstarken Muttis gegen drei entschieden, jetzt nach Hause zu gehen. Ich, tatsächlich, konnte nicht mehr. Um drei! Ich fand mich selber so richtig scheiße. Den ganzen Tag und Abend. Und konnte mich noch nicht einmal entscheiden, warum. Auf der einen Seite war da dieses beklemmende Gefühl bei der Vorstellung, ich müsste auch in diesem Haus mit der dunkelgelben Markise leben und diesen offenbar wahnsinnig beschaulichen Alltag ertragen. Und hätte am Wochenende keine andere Möglichkeit, als in einen dieser Clubs zu fahren, in denen wahlweise beschissene Musik lief oder nur Menschen unter 30 rumhüpften. Oder beides. Und das auch maximal einmal alle zwei Monate. Familie und so.
Was ist eigentlich Maschas Problem?
Und auf der anderen Seite: Bis auf mich wirkte irgendwie jeder entspannt an diesem Tag. Klar, die Braut etwas gestresst ob der Hochzeitsvorbereitungen, ein paar andere beruflich hart eingespannt – aber irgendwie schien ich die einzige zu sein, die sich so gar nicht einlassen und einfach mal abschalten konnte. Und die zwar in Berlin leben kann und darf, beruflich gute Sachen macht, super Freunde hat und so weiter, aber angekommen, nee, so gar nicht. Aber muss ich deswegen alles, was nicht meiner Lebenswelt entspricht, gleich so schwierig finden? Vielleicht regte mich das alles deswegen so auf, weil die Lücke zwischen beiden Welten an diesem Tag einfach zu extrem war. Da muss es doch etwas dazwischen geben. Zwischen hart feiern, viel vögeln, dauernd Liebeskummer haben und ziemlich durch den Wind sein und dem Reihenhaus und den Scheißclubs. Ich will das, was dazwischen ist! Aber das ist gerade leider irgendwie in weiter Ferne. Und wie genau das überhaupt aussehen soll, das muss ich wohl auch mal rausfinden.
Soweit erstmal und trotz allem: Auf die Triebe!
Eure Mascha
Ich bin Mascha (33) und seit rund zwei Jahren Single. Nach einer langen Beziehung habe ich endlich Zeit mich ein bisschen auszuleben, die Sau raus und nichts anbrennen zu lassen. Insgeheim warte ich aber natürlich auf meinen bärtigen Ritter, der mit seinem Pferd in den Hinterhof meiner Neuköllner Wohnung galoppiert und mit dem ich ein, zwei Mate auch mal ohne Wodka trinken kann. Bis es soweit ist, betätige ich mich ab sofort im Auftrag aller Berliner Singles als Versuchskaninchen, teste mich durch diverse Datingportale, -events und -partys. Und lasse auch sonst nichts unversucht, um Libido und Liebe auf die Sprünge zu helfen. Ausgang ungewiss. Was soll ich als nächstes ausprobieren? Schreib an: redaktion@qiez.de