„Langsam einatmen“, sagt Verena Fleißner und rollt sich in ihrer Sporthose über eine Yogamatte auf dem Boden. Im Hintergrund singt Beth Gibbons von der Band Portishead ein klagendes Lied. Wir Yogis strecken unseren Po in die Luft und senken den Kopf in Richtung Boden. Normalerweise kein Ort, den man sich in einem Club genauer anschauen möchte. „Der herabschauende Hund“ heißt diese Position. Es ist Donnerstagabend im Maze Club, ehemals Schwuz, und statt Technoparty findet hier heute Clubyoga und Ravesport statt.
Yoga für Leute mit Wellness-Phobie
Verena Fleißner, die den Workshop leitet, war Profitänzerin, machte Ballett und Tanztheater. Dann kam eine schwere Knieverletzung und der Traum von der Tanzkarriere war aus. Statt aufzugeben, hat sie sich umorientiert, noch einmal Psychologie studiert. Seit acht Jahren bietet sie nun Clubyoga und Ravesport an, bisher in der Revaler Straße. „Ich mache das für Leute, die sonst nie in ihrem Leben Yoga machen würden“, sagt sie. So welche wie mich.
Kein esoterischer Hokuspokus
Clubyoga machte Fleißner nicht von Anfang an. Erst gab es nur den Ravesport, eine Art Workout mit Musik. Yoga war da noch integriert. „Es ist aber schwierig aus dem Liegestütz in den Sonnengruß zu kommen“, sagt sie. Deshalb bietet sie Yoga mittlerweile getrennt an. Dabei geht es ihr nicht um esoterischen Hokuspokus. Sie sagt: „Ich steh’ ein bisschen auf Kriegsfuß mit dieser spirituellen Szene. Hier werden keine Kundalini-Schlangen beschworen.“ Sie will ihre Yogis dazu einladen, einfach mal zur Ruhe zu kommen, in einem Umfeld, dass die schon vom Feiern kennen.
Betrunkene Yogis und verwirrte Partygänger
Sie ist zusammen mit den Clubbetreibern in die Räume des ehemaligen Schwuz gezogen. Deren Konzept ist, das Maze nicht als klassischen Club, sondern als Kulturzentrum zu etablieren. Außer Clubyoga und Ravesport wird es neben dem Clubbetrieb auch Tanzworkshops und Kunstausstellungen geben. „Wir wollen keinen Touri-Durchlauf, sondern was für den Kiez machen“, sagt Geschäftleiter Mark Beversdorf . In die Fußstapfen des legendären Schwuz zu treten, empfindet er nicht als schweres Erbe. „Wir haben einen ganz anderen Fokus.“
Speziell der Begriff Clubyoga ist für einige Besucher dann aber doch verwirrend. „Witzig ist es, wenn Leute ankommen, die auf der Suche nach der Party sind“, sagt Fleißner. Und sie hatte auch schon einen Fall, in dem ein Yogi angetrunken zur Session erschien. In einem regulären Studio hätte er wahrscheinlich sofort nach Haus gehen können. Fleißner fand es eher lustig. „Das einzige, wofür ich plädieren würde, ist während des Yogas nicht zu rauchen“, sagt sie lachend.
Wackelnder Krieger
Ich habe auch ohne fünf Bier und Zigaretten Schwierigkeiten mit Gleichgewicht und Atem. Aber die ersten Schweißperlen haben meine anfängliche Skepsis verscheucht. Es bleibt auch kaum Zeit zum Denken, weil ich mich darauf konzentrieren muss, im „umgekehrten Krieger“, nicht schnurstracks umzufallen. Nach anderthalb Stunden dann ist alles vorbei, zum Abschluss machen wir noch eine kleine Meditationsübung. Im schummrigen Licht sitzen wir im Schneidersitz auf unseren Matten, schließen die Augen und atmen noch ein Weilchen ruhig vor uns hin. Ich habe schon lange vergessen, dass ich meditiere, wo andere sonst ihre Kippen hinwerfen.
Yoga im Club (19 Uhr) und Ravesport (20.30 Uhr), immer donnerstags im Club Maze, Mehringdamm 61, Kreuzberg, Einzelstunde 7/10 €, Viererkarte 20/30€.