„I’m a blond, bimbo girl, in a fantasy world.“ Was Aqua damals in ihrem Hit Barbie Girl sarkastisch abfeierten, war lange Zeit das unrealistische Vorbild vieler Mädchen: eine hellhäutige Blondine mit High Heels, Traumfigur und perfektem Job. Aber was macht es mit Kindern, die aus diesem engen Raster fallen, die etwa eine Behinderung oder eine andere Hautfarbe haben?
Gott sei Dank gibt es Mia. Mia ist ein fröhliches Mädchen, das gerne fotografiert und knallrote Regenstiefel trägt. Sie hat ein Hörgerät und schwarze Haut – und sie ist eine Puppe. Die „Wildlife Photographer Mia Puppe“ kann man im Online-Spielzeugladen von Mirjam Schröter kaufen. Sie ist fast schon eine Rarität, so wenige Läden verkaufen sie. „In Deutschland gibt es kaum Spielzeug abseits des Standardbilds von Männern und Frauen“, sagt die Gründerin des Online-Shops Diversity-Spielzeug. Die Vielfalt unserer Gesellschaft ist anscheinend noch nicht im Kinderzimmer angekommen – dort, wo der Nachwuchs sein Weltbild formt.
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Dass ihre dunkelhäutigen Kinder eine so einseitige Weltsicht erlebten, störte Mirjam. Doch auf der Suche nach vielfältigerem Spielzeug im Internet fand die 32-Jährige kaum etwas. Noch während ihres Sozialarbeit-Studiums gründete sie deshalb vor zwei Jahren einen Online-Shop für Diversity Spielzeug. Dort gibt es Vielfalt in allen Formen und Farben: In der Weihnachtskrippe sind Maria und Josef mit Jesukind auch mal dunkelhäutig, es gibt Figuren mit Behinderung und Puppen können einzeln gekauft werden, um eine Patchwork-Familie mit zwei Mamas nachzubilden. Hier ist Vielfalt keine Ausnahme, sondern normal: Auch in den Kinderbüchern, auf Taschen und Verpackungen sind ganz selbstverständlich Menschen mit allen Hautfarben zu sehen.
„Meine zwei schwarzen Kinder haben es schwer, sich beim aktuellen Spielzeug wiederzufinden. Sie brauchen schwarze Vorbilder, um eine positive Identität zu entwickeln“, erzählt Mirjam. Wenn man bedenkt, dass die Sprösslinge durch Spielzeug die Welt entdecken, erkennt man schnell das Problem an der Sache: Kinder nehmen die dortigen Stereotype auf und lernen daran, was “normal” ist. Gerade wenn sie selbst nicht dieser Norm entsprechen, kann sie das belasten.
Das bestätigt auch eine Studie der beiden Wissenschaftler Wiebke Warburg und Volker Mehringer, die sich mit den sozialen Auswirkungen von Spielzeug auseinandersetzen. Darin wurde deutlich, dass derzeit „Spielzeuge, als wichtige Bildungsmittel für Kinder, die Vielfalt der Gesellschaft nicht angemessen abbilden.“ Weiter heißt es dort: „Kinder, die selbst oder deren familiäre Lebenswelten geltenden Normalitätsvorstellungen nicht entsprechen, finden wenig oder keine Identifikationsmöglichkeiten im aktuellen Spielzeugangebot.“
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Dieses Problem kann man sogar selbst kreativ angehen: Im Shop von Mirjam Schröter gibt es Hautfarbenstifte – übrigens der Verkaufsschlager in Kindergärten. So wird aus einer hellen Puppe blitzschnell eine dunkelhäutige. Auch Schreiblernspiele gibt es hier, bei denen Blinden- und Gebärdenzeichen neben dem lateinischen Alphabet stehen. Dank solchem Spielzeug lernen Kinder, dass sie gut sind, wie sie sind – unabhängig vom Aussehen.