Ist es der Siebziger-Jahre-Charme der Duschen und Umkleideräume? Der Anflug von Gummimatten-Muff und altem Schweiß? Oder die Tatsache, dass der Anfänger-Volleyballkurs nur am Donnerstag von 18 bis 20 Uhr, nicht aber zu anderen Zeiten in der Woche stattfindet? „Warum nur relativ wenige Frauen die Angebote klassischer Sportvereine nutzen, können wir nur vermuten. Aber wir wollen Abhilfe schaffen“, sagt Stefan Komoß (SPD), Bezirksbürgermeister und Sportstadtrat von Marzahn-Hellersdorf. Daher plant er in seinem Stadtbezirk eine Sporthalle nur für Mädchen und Frauen. Ab 2013 soll darin trainiert werden können.
In Zusammenarbeit mit dem Büro der Frauenbeauftragten des Bezirks will man noch 2012 mit der Planung beginnen. Berücksichtigung sollen dabei möglichst alle zentralen Bedürfnisse weiblicher Sportinteressierter finden. Seit Ende Januar findet dafür auf der Internetseite des Bezirksamts eine öffentliche Umfrage statt.
Der Hintergrund zu dieser außergewöhnlichen Idee: Nur rund ein Drittel der Mitglieder der rund 90 Sportvereine in Marzahn-Hellersdorf sind Frauen, wohingegen Frauen in den meisten Fitnessstudios überrepräsentiert sind. „Wir wollen herausfinden, woran das liegt und ein bedarfsgerechtes Angebot schaffen“, sagt Komoß. Das könne sich auf die Sanitär- und Inneneinrichtungen, das Kurs-Angebot und flexible Trainingszeiten beziehen. Nach einem ersten Gespräch mit Vereinsvertreterinnen im Sportausschuss habe sich abgezeichnet, dass ein Fitnessbereich mit Laufbändern, Hanteln und Bodenmatten nicht fehlen dürfe. Auch die gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln müsse gewährleistet sein.
Noch 79 Hallen für Männer
Voraussichtlich soll für das Projekt keine neue Sporthalle gebaut, sondern eine der bereits existierenden 80 Hallen des Bezirks renoviert werden. „So bleiben immer noch 79 Sporthallen für Männer“, sagt Komoß und will möglichen Gegnern der Idee frühzeitig den Wind aus den Segeln nehmen: „Rein theoretisch kann man auf Gender-Ebene natürlich darüber diskutieren, ob so ein Angebot moralisch zu rechtfertigen ist.“ Aber die Wirklichkeit zeige nun mal, dass Handlungsbedarf bestehe.
Die Mittel für den „Millionenaufwand“, sagt der Sportstadtrat, könnten aus verschiedenen Quellen stammen: Aus baulichen Unterhaltsmitteln des Bezirksamts sowie aus Landessonderprogrammen wie den „Aktionsräume Plus“ und dem „Stadtumbau Ost“. Der Betreiber der neuen Sporthalle müsste ein bestehender oder neu zu gründender anerkannter Sportverein sein. Nur so wäre den Frauen eine preiswerte oder kostenlose Nutzung der Sportangebote möglich.
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