Aqua alta auf der Schlossbaustelle. Die größten Pfützen quert die hochrangig besetzte Delegation auf wackligen Bohlen. Für Schlossarchitekt Franco Stella, der sein Studium in Venedig absolvierte, ist das ein Kinderspiel. In der Lagunenstadt ist das winterliche Hochwasser ein alljährliches Phänomen. Stella schaut durch den Betonkubus hindurch in die Zukunft des Humboldtforums, sieht vor seinem inneren Auge belebte Piazzas mit Cafés und Musikanten. Die Schlossportale möge man als Stadttore begreifen, sagt er. Unter der wuchtigen Masse des zentralen Eingangsportals III stehend, erscheint diese Analogie geradezu zwingend.
Erst kommt Barock, dann die Wärmedämmung
Es geht also wirklich los mit der versprochenen Rekonstruktion der äußeren Hülle. Wilhelm von Boddien versichert, jeder Cent für die Schmuckfassade sei bislang aus Spenden finanziert worden. 30 Millionen Euro sind laut Hendricks bislang eingegangen, allerdings seien davon zwölf Millionen Euro zweckgebunden für andere Bauelemente. Nach Boddiens Rechnung müssten ab jetzt noch 59 Millionen Euro eingesammelt werden, um auf die versprochene Spendensumme von 80 Millionen Euro zu kommen.
Graser junior hat jedenfalls keine Bedenken, am Ende nicht auf seine Kosten zu kommen. Bislang sei alles pünktlich bezahlt worden. Graser baut die Fassade auf der Nord- und Südseite und am Portal I. Zwei Jahre hat er dafür Zeit. Die Barockfassade besteht aus einer massiven Wand aus Ziegelsteinen, in die alle Sandsteinelemente eingemauert werden. Dahinter ist eine klassische Wärmedämmung, dann kommt der Beton. Mindestens einen Meter wird die Wandstärke des Schlosses betragen.
„Verkehrsraum“ soll wieder Schlossplatz werden
Nach einer halben Stunde ist der Rundgang erledigt. Das Schloss ist kleiner, als es der riesige leere Schlossplatz früher vermuten ließ. Es gehe bei der Rekonstruktion eben auch um die Wiedergewinnung der Vorplätze, sagt Stella, als der Besuchertross auf der Südseite angekommen ist. Hier münde jetzt die Breite Straße in einen undefinierten „Verkehrsraum“, der früher als einer der Schlossplätze eine wichtige Bedeutung im Stadtgefüge hatte, sagt Stella. Auf dem Platz stand einst der Neptunbrunnen, und der Schlossarchitekt spricht sich erneut dafür aus, den Brunnen an seinen ursprünglichen Ort zurückzuholen.
Die Breite Straße wird durch das „Forum“, den offenen Durchgang nach Norden, mit der Museumsinsel verknüpft. Von drinnen erscheint das Säulenportal des Alten Museums als repräsentativer Endpunkt der Sichtachse, im Süden fehlt ein gleichrangiges Pendant. Das Schloss wird diese Lücken im Stadtbild noch schärfer bloßstellen. Am 12. Juni ist Richtfest, dann soll der Kranz über der Stahlkuppel baumeln, am 13. und 14. Juni wird die Baustelle geöffnet für alle Berliner.
Die Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum bietet schon ab dem 12. April Führungen durch den Rohbau auf der Spreeinsel an. Immer sonntags um 11 und 13 Uhr, je 90 Minuten, Karten 18 (ermäßigt 12) Euro. Es gibt sie in der Humboldtbox und im Internet.