Der neue Bonaverde-Showroom in Mitte ist schlicht. Drei Automaten stehen auf einem Tisch, verschiedene Sorten Kaffeebohnen liegen aus. Die Atmosphäre ist sachlich-nüchtern. Nach vier Jahren ist von der anfänglichen Euphorie nicht viel übrig geblieben. Gestartet war das Projekt mit dem Motto: „Let’s change coffee together.“ Die Idee war, den vielen Kaffeebauern weltweit einen direkten Markt zum Verbraucher zu liefern und Zwischenhändler zu vermeiden. Im Zentrum seitdem stand die Entwicklung einer Kaffeemaschine, die alles kann: rösten, mahlen und brühen.
Kaffeekonsum in Deutschland
Sieben Kilogramm Rohkaffee konsumiert jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr. Meistens wird der Kaffee von den großen Unternehmen wie Tchibo oder Jacobs Douwe Egberts geröstet, den Betreibern der größte Kaffeerösterei Europas in Berlin. Für die Kaffeebauern in Lateinamerika, Afrika oder Asien bleibt von dem Gewinn kaum etwas übrig. Zum Teil weniger als die 2,19 Euro pro Kilo Steuern, die der deutsche Staat erhebt. Abgesehen von Fragen der Verantwortung und der Fairness ist die industrielle Massenröstung für die Qualität des Kaffees nicht förderlich. Viel zu heiß, sehr schnell und in riesigen Mengen werden die Bohnen bearbeitet. Das Ergebnis ist Kaffee, der sich hauptsächlich durch die Dosis Koffein und nicht dem Geschmackserlebnis definiert.
Eine Idee soll die Kaffeewelt revolutionieren
Schon jetzt ist es für den Verbraucher möglich, Rohkaffee von Händlern zu kaufen. Allerdings sind selbst die kleinsten Röstmaschinen relativ unhandlich und kosten bis zu 500 Euro. Hier setzt die Idee des Berliner Gründers Hans Stier an. In den Bonaverde-Maschinen soll ausschließlich Rohkaffee verarbeitet werden, der direkt von Kaffeebauern stammt. Ein spezieller Chip bewegt die Maschine dazu, das auf die jeweilige Bohne abgestimmte Röst-Mahl-Programm zu fahren. Diese Idee sorgte bei drei Crowdfunding-Kampagnen für über zwei Millionen Euro und 5.000 Unterstützer. 2013 und 2014 überschlugen sich die Medien mit Lob für das Start-up. Doch in den folgenden Jahren ging so ziemlich alles schief, was schief gehen kann.
Das ursprüngliche Design erwies sich als technisch nicht umsetzbar. Probleme mit Herstellern, mit dem Mahlwerk, mit Partnern, die Liste wurde immer länger. Viele Investoren wandten sich enttäuscht ab. Der Glaube an das Projekt schwand. Warum es eigentlich ein Vollautomat sein musste, blieb unklar. Es hätte vielleicht gereicht, eine kleinere Röststation mit den Bohnen zu vertreiben und das Kaffeebrauen und Mahlen den Verbrauchern zu überlassen. Durch die Maschine gerieten die eigentliche Idee und die Kaffeebauern aus dem Fokus. Vielleicht hatte sich Bonaverde verrannt? Bei allen Fragen und Kritik, die Beharrlichkeit, mit der Hans Stier und sein Team weitermachten, verblüfft und hat sich schlussendlich gelohnt. Denn jetzt gibt es tatsächlich eine Maschine für einen Betatest.
Endlich eine funktionstüchtige Kaffeemaschine
Über das Design lässt sich streiten, eine neue Variante in Edelstahloptik wirkt jedenfalls hochwertiger als die bisherige Plastikversion. Wichtiger als die Optikfrage ist aber der Funktionstest: In 20 Minuten wird tatsächlich ein Liter Kaffee geröstet, gemahlen und gebrüht. Die Qualität stellt in unserem Test jede herkömmliche Filtermaschine und sogar Vollautomaten in den Schatten. Das möchtest du selbst probieren? Dann schau doch mal im Showroom vorbei. Melde dich am besten vorher telefonisch an, denn feste Öffnungszeiten gibt es noch nicht.
Sollte bei den Betamaschinen alles gut laufen, dann können sich die Crowdfunding-Investoren als erste auf die Maschinen freuen. Ab nächstem Jahr könnte sich dann jeder, der zuhause frisch rösten möchte, über die Webseite von Bonaverde eine Maschine für zuhause bestellen. Der Verkaufspreis liegt für das weiße Modell bei 799 Euro und für das in Edelstahl-Optik bei 999 Euro. Sollte es aber zu schwerwiegenden Problemen kommen, dann könnte der Traum vorerst vorbei sein. Der Weg, um die Kaffeewelt wirklich zu verändern, ist so oder so noch lang.