Das Freibad am Westufer des natürlichen Gewässers ist mit seinem markanten Backsteingebäude seit diesem Jahr an ein neues Team verpachtet. Die Betreiber Michael Verhoeven und Katharina Zahn – Geschäftsführerin – wollen das Potenzial dieses Naturparadieses mitten in der Stadt heben und etwas gegen die permanente Übernutzung des Sees an seinem Ostufer tun. Statt wild im Landschaftsschutzgebiet zu baden soll es wieder gute Gründe geben, ins frisch renovierte Strandbad zu gehen.
Mehr Leben in die Bude bringen
„Wir arbeiten bewusst mit Vereinen zusammen und freuen uns, dass viele Sportvereine nach zehn Jahren zurückgekommen sind. Außerdem laden wir alle Weddinger ein, den Weg in ihr Strandbad zurückzufinden“, erklären uns die motivierten Betreiber. Viele Generationen Weddinger kennen das Strandbad noch aus ihrer Kindheit. Es soll nun wieder mit Leben gefüllt werden. „Das kannst Du dir nicht vorstellen, wie das hier aussah, unglaublich!“ sagt uns Michel Verhoeven beim Rundgang und beschreibt alles als einzige „Bruchbude“, so der Chef der Nordufer Event Gmbh. Der gebürtige Holländer und ehemalige Betreiber des legendären Strandpavillons Woodstock 69 – in der Nähe von Amsterdam – berichtet von Tonnen an Metallschrott, verbuddelten Altlasten und der völlig sich selbst überlassenen Natur. Schon für das Aufräumen und Entrümpeln des durch Vandalismus und Vermüllung geprägten Geländes wurden die Weddinger in großer Zahl aktiviert – im Gegenzug bekamen die freiwilligen Helfer Freikarten.
Seitdem wurde der über 270 Meter lange Strand komplett gereinigt und zum Teil neu aufgeschüttet, viele Hektar an Rasenfläche gemäht und Laub und Gestrüpp entfernt – fast 30 Container kamen zusammen. Sanitäreinrichtungen, Elektronik und die Sicherheitsbereiche – wie DLRG-Türme und gekennzeichnete Schwimmbereiche – wurden erneuert und standardisiert. Selbst Taucher und ein Entschlammungsboot namens BERKY, welches zusammen mit den Berliner Bäderbetrieben getestet wurde, kamen tagelang zum Einsatz. Nun erstrahlt das altehrwürdige Gelände wieder in neuem Licht und man ist bereit, neue Ufer zu ergründen – vor allen Dingen saubere.
Schluss mit Wildbaden
Wer den Plötzensee an schönen Tagen besucht, ist irritiert darüber, dass an den abgezäunten Ufern mit ihren schützenswerten Uferzonen wild gebadet wird, ohne dass von Seiten des Ordnungsamts ernsthaft dagegen vorgegangen wird. Die neuen Pächter möchten diesem Treiben wieder ein Bewusstsein für Umwelt- und Naturschutz entgegensetzen. „Mülltrennung oder Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien sind erst der Anfang“, erklärt das Betreiberteam. Das Strandbad soll eine echte Alternative zum Wildbaden sein. „Dass der See auch in Zukunft als Badesee erhalten bleibt, hängt stark davon ab, ob wir es schaffen, die Menschen davon zu überzeugen, zurück ins Strandbad zu kommen. Viele Menschen sind sich nicht bewusst, was sie zerstören, wenn sie über den Zaun klettern, die Uferböschung zertreten und ihren Müll in das Wasser werfen oder am Ufer liegen lassen.“
Man sieht sich da ganz klar in der Rolle, Aufklärungsarbeit zu leisten. Auf dem eigenen Gelände gibt es außerdem neu angelegte Biotope, um Insekten aller Art wieder ein Zuhause zu geben und die Natur regenerieren zu lassen. Eine schöne Atmosphäre zur Entspannung soll Besuchern ein ganztägiges Rundum-Sorglos-Paket bereiten. Zudem sorgen viele Müllbehälter und ein striktes Glasverbot für Ordnung und vor allem auch Sicherheit vor Verletzungen.
Street Food und Kultur
Die Gastro-Angebote werden durch wechselnde Street-Food-Trucks ergänzt – meist aus der Region. Es wird ganz neue Veranstaltungen geben, ein regelrechtes Kulturprogramm ist vorgesehen. Ein Mix aus Musik, Kunst und Kultur für jedermann. Da möchte man sich treiben lassen, ganz wie die ersten Badegäste auf ihren Luftmatratzen.
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Doch über das klassische Baden hinaus gibt es auch neue Aktivitäten im renovierten Strandbad. Stand-Up-Paddling wird vom Kooperationspartner Penguin Watersports angeboten, ein Wasserspielplatz mit aufblasbaren Wasserburgen und Yoga sind geplant. Auch im Winter wird das große Gelände mit neuen Events bespielt – so könnte es Eisstockschießen und einen holländischen Weihnachtsmarkt geben. An Ideen fehlt es den neuen kreativen Betreibern nicht, und nun „müsse man sehen, wie sich alles entwickelt und angenommen wird“, so Verhoeven. Der Anfang ist jedenfalls gemacht, man hat noch viel vor am Strandbad Plötzensee. Aber es liegt auch an den Weddingern, einen Beitrag zu leisten – egal ob beim Naturschutz oder dem Besuch an sich.
Blaue Perle zum Glänzen bringen
Einen FKK-Bereich, der deutlicher als früher abgegrenzt wird, gibt es ebenfalls wieder. Insgesamt soll über eine Million Euro in zehn Jahren investiert werden, wovon 300.000 Euro vertraglich für die Bauunterhaltung festgelegt sind. Die blaue Perle des Wedding soll wieder glänzen – das kostet viel Energie, Zeit und vor allem Geld. „Uns haben die unglaublich positive Unterstützung und diese tolle Solidarität total überrascht“ erzählt uns Semsa Bostandzija vom Strandbad-Team freudestrahlend. Das hatte das Team so nicht erwartet – es gibt viel Kraft für die Zukunft. Aus der direkten Nachbarschaft sowie der gesamten Region haben sich Vereine, Schwimmer und Helfer gemeldet, um mit anzupacken oder zu vermitteln, wo es nur geht.
Bleibt zu hoffen, dass der Besuch der „Plötze“- auch dank des Engagements der Strandbad-Betreiber – wieder zu einem echten Naturerlebnis wird.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei www.weddingweiser.de.