Das Bezirksamt Mitte hat ein fulminantes Eigentor geschossen. Am Dienstag sollte das Urteil im Verfahren um das Körperwelten-Museum des Plastinators Gunther von Hagens fallen, doch die Verkündung musste wegen eines Befangenheitsantrages gegen den Vorsitzenden Richter ausgesetzt werden. Der Grund für den Antrag: eine falsche Pressemitteilung des Bezirksamtes.
Bei Erfolg des Antrags muss die Verhandlung wiederholt werden
Um 14.36 Uhr verbreitet das Bezirksamt Mitte seine Erfolgsmeldung: Die Körperwelten-Ausstellung des Plastinators Gunther von Hagens bleibe verboten. Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) gibt das passende Statement ab: „Ich begrüße diese Entscheidung…“ Dumm nur, dass zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts entschieden ist. Die 21. Kammer des Verwaltungsgerichts verhandelt noch über die Klage der Familie von Hagens gegen das bezirkliche Verbot der Dauerausstellung am Fernsehturm.
Eine halbe Stunde später zieht das Bezirksamt seine Mitteilung zurück. „Ein Irrtum“ der Pressestelle, heißt es. Doch der Anwalt derer von Hagens, Holger Schmitz, bekommt Wind von der Urteilsvorwegnahme und stellt einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Schaefer und seine Beisitzer. „Die Klägerseite folgerte, dass eine derartige Information nur von Seiten der Kammer selbst stammen könne“, erklärte ein Sprecher. Eine andere Kammer des Verwaltungsgerichts muss nun über den Antrag entscheiden. Hat er Erfolg, muss die Verhandlung wiederholt werden. Zumindest hat die Klägerseite Zeit gewonnen. Das Urteil soll nun am Freitag verkündet werden.
Ein echtes Plastinat sollte den Richtern vorgeführt werden
Zuvor hatte das Gericht mehrere Beweisanträge abgewiesen. Schmitz wollte den emeritierten Heidelberger Anatomie-Professor Wilhelm Kriz als Zeugen hören – Kriz war der ehemalige Chef Gunther von Hagens’ – und ein echtes Plastinat vorführen. Das Bezirksamt Mitte will das Museum unbedingt verhindern. Hanke hält die Plastination für eine Verletzung der „postmortalen Würde“ des Menschen. Außerdem schreibe das Berliner Bestattungsgesetz vor, dass Leichen zu bestatten seien. Eine Ausstellung – der von den Menschen zu Lebzeiten gespendeten Körpern – sei verboten.
Dagegen klagten Ehefrau und Sohn des schwer erkrankten von Hagens. Ihr Argument: Bei den Plastinaten handele es sich nicht um „Leichen im Sinne des Berliner Bestattungsgesetzes“. Sie seien eher mit Skeletten vergleichbar, die auch zur anatomischen Fortbildung ausgestellt würden, sagte Anwalt Schmitz in der Verhandlung. Außerdem würden die mit Plastik vermengten Leichenteile nicht verwesen, was dem Bestatten widerspreche.