Sonntag, 18 Uhr: In den Gängen ist kaum noch ein Durchkommen, ein Sprachwirrwarr begleitet die Kunden durchs Geschäft. Junge Männer mit britischem Akzent beraten sich vor einer Spirituosenvitrine. Japanerinnen blicken glücklich auf das Riesensortiment an deutscher Schokolade. 14 Kassen sind besetzt, an jeder stehen mindestens 15 Leute an. „Ach, das ist gar nichts. Heute ist es nicht so wild“, sagt eine Angestellte, die Süßigkeiten nachfüllt. „Es kam sogar schon vor, dass sich die Kassenschlangen in der Mitte des Ladens getroffen haben.“ Schlimm sei es nur, wenn die Pfandautomaten kaputt sind, dann wolle man hier nicht sein, der schlechten Laune der Kunden wegen.
Vom Obdachlosen bis zum Manager
Was nur wenige mitbekommen haben: Ullrich hat vor Kurzem den Eigentümer gewechselt. 2004 ist ihr Gründer im Alter von 81 Jahren gestorben. Der Sohn, Hans-Joachim Ullrich, übernahm. Seit Anfang Juli gehören die drei Märkte nun zur Dohle-Handelsgruppe, die über ihre Tochtergesellschaft „Hit Handelsgruppe“ zahlreiche Supermärkte betreibt, vor allem im Rheinland. Das Bundeskartellamt hat die Übernahme bereits freigegeben. „Aus wirtschaftlichen Gründen kann es nicht zur Übernahme gekommen sein. Die Läden laufen hervorragend“, sagt ein Kenner des Einzelhandels in der City West. Der Name Ullrich bleibe erhalten, sagt eine Sprecherin des neuen Eigentümers.
Die Filiale am Zoologischen Garten war einst die erste, es folgten ein Markt und eine Getränkehandlung an der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg und ein Ableger an der Wilhelmstraße in Mitte, in dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gerne mal einkauft.
Cognac für 2200 Euro, Bier für 50 Cent
Der Kontrast zwischen drinnen und draußen könnte kaum größer sein: Auf der Rückseite des Markts an der Kantstraße, neben der schmucklosen Eventpassage, sitzen Obdachlose vor dem Geschäft. In den Ecken riecht es nach Urin. Beim Imbiss nebenan versorgen sich Bauarbeiter unter lautem Straßenlärm mit Bier und Pommes. Drinnen streifen neben vielen Berlinern auch Trauben von Berlin-Besuchern durch den Laden. Manche staunen, als stünden sie inmitten einer Touristenattraktion. Das muss nicht verwundern: Ullrich steht selbst in Führern für Hauptstadt-Neulinge. Manche Bereiche wirken wie eine Welt für sich. Alleine das Weinsortiment umfasst mehr als 120 Meter Regalfläche.
Der absolute Verkaufsschlager sei trotzdem ein anderer: Das Pilsator-Bier, die Flasche für 50 Cent. „Zwei Paletten pro Wochenende. Unser bester Artikel“, berichtet er. „Wo stehen denn die Brandenburger-Tor-Nudeln?“, fragt da eine Frau mittleren Alters. „Die ham wa gar nicht mehr“, entgegnet eine Mitarbeiterin. Auch das gibt es hier, aber selten: Etwas, das es nicht gibt.