Seit etwas mehr als einem Jahr gibt es das Projekt „Kommen & Bleiben“. Angefangen hat es mit fünf Studenten der Kunsthochschule Weißensee. Was während eines Semesterprojektes anfing, wird seither selbstorganisiert weitergeführt. Alle Beteiligten sind der Meinung, dass in der Berliner Willkommenskultur etwas falsch läuft und machen sich daran, das zu ändern. Schon dass oft von einer „Flüchtlingsproblematik“ gesprochen wird, drückt aus, was die Studenten kritisieren: Statt Defizite von Flüchtlingen in den Vordergrund zu stellen, müsse man ihre Potentiale nutzen und einen Austausch auf Augenhöhe ermöglichen.
So sprechen die Studenten auch nicht von „Flüchtlingen“, sondern von „Geflüchteten“ oder ganz einfach „Neu-Berlinern„. „Unsere Initiative ist ein Apell“, erklärt Rik, einer der Gründer der Initiative, „weil der Punkt am schlimmsten ist, an dem die Leute sagen, das sind arme, kleine Flüchtlinge. Da besteht die Gefahr der Verniedlichung: Das ist keine arme, bedürftige Masse ohne Kompetenzen.“ Darum wollen die jungen Leute von „Kommen & Bleiben“ zeigen, dass die Neu-Berliner auch viel geben können, wie Flo erklärt, der auch seit der ersten Stunde dabei ist.
Miteinander arbeiten statt Mitleid haben
Um das Ankommen zu erleichtern, arbeiten die Studenten an verschiedenen Projekten. Fast alle beginnen damit, in Flüchtlingsheime zu gehen und mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Und mit einer Idee voranzukommen, sei auch ein ewiges Austesten, erklären die Studenten. Weil eben nicht alles auf Anhieb funktioniert und immer wieder Impulse von den Geflüchteten aufgenommen werden.
Einige Beispiele: Flo und Norman entwickeln eine App. In einem Erstaufnahmelager hat Flo gesehen, dass viele Flüchtlinge ein Smartphone haben. Als Wörterbuch, Verbindung zur Familie und zu ihren Erinnerungen. Jetzt entwerfen er und Norman in Co-Design Workshops einen „Bleibeführer“, der den Geflüchteten in der neuen Stadt zur Seite steht. Der soll das Asylverfahren erklären, das öffentliche Verkehrssystem verständlich machen oder Einblicke in die deutsche Kultur geben.
Es wird also fleißig an der Zukunft gearbeitet, viel ist aber auch in der Vergangenheit schon passiert. Es gab einen Workshop zum Teppichknüpfen, Podiumsdiskussionen wurden geführt und Heimwände gestrichen, in der Pankower Mühlenstraße sind handgemachte Holzbänke entstanden. Die Studenten haben dabei gemerkt, dass es nicht immer große Projekte sind, die die Beteiligten begeistern, sondern der dafür nötige Austausch. Den Geflüchteten ist es wichtig, Kontakt zu Deutschen zu haben, erzählen sie. Sie wollen etwas mit den Berlinern machen, nun müssen auch die Berliner sich mit den Geflüchteten engagieren wollen, statt nur für sie.
Wer Lust hat, kann jederzeit bei einem Treffen der Jungs und Mädels von „Kommen & Bleiben“ in der Kunsthochschule Weißensee vorbeikommen. In der Regel finden die montags ab 12 Uhr statt, gerade während der Semesterferien sollte man sich aber unter mail@kommenundbleiben.de rückversichern.