Zum Start des Sommersemesters an diesem Montag haben 900 Studierende nicht die gewünschte Bleibe im Wohnheim gefunden. So viele Namen nämlich stehen auf der Warteliste des Studentenwerkes. Und die wird immer länger, weil die Zahl der Studenten in den vergangenen drei Jahren um rund 20.000 gestiegen ist. Zusätzlich verschärft die Lage, dass auf dem regulären Wohnungsmarkt kaum noch günstige Wohnungen angeboten werden. Die angespannte Situation ist in der kommenden Woche Thema eines Spitzengesprächs beim Regierenden Bürgermeister, an dem Petra Mai-Hartung, Chefin des Studentenwerkes, teilnimmt. Es soll auch die Bereitstellung landeseigener Grundstücke diskutiert werden, auf denen das Studentenwerk neue Wohnungen bauen könnte.
„Die Zahl der Studierenden steigt, und günstige Wohnungen werden insgesamt knapper, deshalb brauchen wir zusätzlichen Wohnraum für Studierende“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) auf Anfrage. Dies könne „nicht allein durch Private erbracht werden“. Wartezeiten von 40 Wochen gibt es für Plätze in besonders beliebten Einrichtungen des Studentenwerkes, etwa in Kreuzberg. Wegen der großen Nachfrage haben private Investoren das Geschäft entdeckt, sagt Architekt Eike Becker. Mancher scheitere allerdings an den hohen Grundstückspreisen in Berlin.
Private Studentenwohnungen oft zu teuer
Auch beim Studentenwerk häuften sich zuletzt Anfragen von Entwicklern, die Wohnheime bauen und der landeseigenen Einrichtung fertig gestellte Objekte zur Verwaltung überlassen wollen. Doch das scheitert an den hohen Mietforderungen privater Träger von Studentenwohnungen: Um die 400 Euro für ein Zimmer oder kleines Appartement verlangen sie. Das liegt weit über den Wohnkosten, die sich die Mehrheit der Studierenden leisten kann. Beim Studentenwerk liegt die Durchschnittsmiete bei 188 Euro. „Unser Auftrag ist es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, sagt Jörg Morgenstern vom Studentenwerk. Deshalb arbeite die Einrichtung „zum Selbstkostenpreis und ohne Gewinnabsicht“.
Immerhin bieten auch einige privatisierte Einrichtungen wie das Studentendorf Schlachtensee Wohneinheiten schon für knapp 200 Euro an. Doch das sind eher Ausnahmen. Experten warnen schon vor einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft“: auf der einen Seite neue Objekte am Rande von Szenelagen, wie sie an der Lichtenberger Brücke etwa für besser gestellte Kinder gut verdienender Eltern entstehen sollen, auf der anderen Feldbetten in Wohnungen von Freunden.
Im Koalitionsvertrag ist die bessere Versorgung der Studenten mit Wohnungen als ein Ziel formuliert. Die „Schaffung neuer Wohnheimplätze durch das Studentenwerk“ sieht Bildungssenatorin Scheeres als ein Mittel, die Lage zu entspannen. Um ein Baugrundstück aus dem Angebot des landeseigenen Liegenschaftsfonds hat sich das Studentenwerk bereits beworben: in der Wilhelminenhofstraße in Oberschöneweide. Doch die Vergabe berlineigener Grundstücke zieht sich angesichts der anhaltenden politischen Debatte über die Vergaberegeln.
Tipp der Wohnungsunternehmen: An den Stadtrand ziehen
Wegen der angespannten Lage wollen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften im nächsten Wintersemester 2013/14 rund 500 zusätzliche Wohnungen ausschließlich für Studenten bereitstellen. In welchen Stadtteilen und zu welcher Miethöhe dies erfolgen wird, ist noch unklar. Es war eines der Ergebnisse aus früheren Gesprächen zur Wohnungsnotlage der Studierenden zwischen dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), der Senatsverwaltung für Bildung, dem Studentenwerk Berlin und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.
Bereits seit mehreren Jahren bieten auch Genossenschaften und private Wohnungsunternehmen Wohnungen zur halben Miete an oder zumindest mit Nachlässen auf die ortsübliche Miete. Dabei handelt sich aber oft auch um nicht leicht vermietbare Wohnungen in Erdgeschossen, in Häusern ohne Aufzug oder in weniger guten Lagen der Stadt.
„Geduld mitbringen und gezielter in Stadtrandlagen wie Spandau, Reinickendorf oder Marzahn-Hellersdorf nach Wohnungen suchen“, empfiehlt BBU-Sprecher David Eberhart. Diese Stadtteile seien durch öffentliche Verkehrsmittel gut angebunden, und das Angebot an günstigen und freien Wohnungen sei dort größer.
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