Tätowiererin Myra Brodsky

"Meine ersten Tattoos waren richtig scheiße"

Sie griff schon mit 19 Jahren zur Tattoo-Nadel: Myra Brodsky
Sie griff schon mit 19 Jahren zur Tattoo-Nadel: Myra Brodsky Zur Foto-Galerie
Kreuzberg – Ausgeprägtes Kunstverständnis und handwerkliche Bodenständigkeit: Beides prägt die Arbeit von Myra Brodsky. Das Ergebnis: Extrem schöne Tätowierungen. Die 29-jährige gebürtige Elsässerin erzählt, was sie inspiriert und warum die Berliner Tattoo-Szene so speziell ist.

QIEZ: Immer mehr Tätowierer in Berlin haben einen „klassischen“ Kunst-Background. Auch du. Wie verlief dein Weg zum Tätowieren?

Myra Brodsky: Bei mir war es ein bisschen spezieller, denn ich habe schon mit 19 angefangen zu tätowieren. Da habe ich gerade erst begonnen, visuelle Kommunikation zu studieren. Es war auch nie mein Wunsch, Tätowiererin zu werden. Das hat sich eher so ergeben. Meine jetzige beste Freundin hat damals schon tätowiert, fand meine Zeichnungen gut und meinte, da könne man etwas draus machen. Dann habe ich an Freunden, meiner Schwester und vor allem an mir geübt.

Das klingt immer so selbstverständlich, aber der Weg vom Papier zur Haut ist sicher nicht ganz einfach, oder?

Es ist gewagt, ja. Man hat Angst, den Menschen weh zu tun. Und schließlich verändert man die Person für immer. Vielleicht hassen mich ja schon irgendwelche Leute… Tatsächlich sahen die ersten Tattoos, die ich gemacht habe, richtig scheiße aus. Ich habe mich einfach in verschiedene Studios eingeschleust. Und da meine Zeichnungen bereits damals überdurchschnittlich gut waren, dachten die Inhaber offenbar, dann wird sie schon auch tätowieren können. Niemand hat es mir wirklich gezeigt und ich habe total planlos rumprobiert. Erst nach etwa drei Jahren ist dann der Groschen gefallen und ich habe verstanden, wie es funktioniert.

Ahoi! Frauenfiguren prägen Myras Portfolio. © Bat Communications


Jetzt arbeitest du seit fast zehn Jahren in der Hauptstadt, die in Sachen Tattoos als besonders vielseitig gilt. Auch die Masse an Tätowierern ist enorm. Wie würdest du die lokale Szene beschreiben?

Vielseitig trifft es auf jeden Fall. Aber typisch für Berlin ist auch der große Konkurrenzkampf. Wenn ich mal als Gast in New York oder London gearbeitet habe, war es ganz normal, dass sich 20 Leute ein Studio teilen. Alles war, zumindest von außen betrachtet, sehr freundschaftlich, es gab einen Zusammenhalt. Sicher gibt es in Berlin auch Cliquen und Leute, die zusammenarbeiten. Aber generell ist man hier eigensinniger. Jeder will am liebsten seinen eigenen Laden haben. Und es wird sehr viel gelästert.

Liegt dieser Eigensinn, den du beschreibst, vielleicht auch daran, dass sich viele Tätowierer heute vor allem als Künstler sehen? Und den Anspruch an ihre Arbeit gesteigert haben?

Ja, es ist genau dieser „ich bin ein Künstler“-Gedanke. Für mich stehen Tattoos zwischen Kunst und Handwerk. Früher war es ein reines Handwerk, das ist ein wenig verloren gegangen.

Entsprechend vielseitig sind auch die Stile, die man hier zu sehen bekommt. Die letzten Jahre gab es viele grafische Tattoos, jetzt scheinen klassische Motive ein Revival zu feiern.

Darüber bin ich ziemlich froh. Viele Leute versuchen, das Rad neu zu erfinden. Aber nicht alles, was du zeichnen kannst, funktioniert auch auf der Haut. Es werden Motive kreiert, die gar nicht zu den Proportionen des Körpers passen. Und dann gesagt: „doch, das soll so“. Ich habe mich immer an dem orientiert, was meinen Interessen entspricht, und das sind Motive der klassischen Kunst – von der Renaissance bis zum viktorianischen Zeitalter. Die sind zeitlos, schließlich gehen die Leute ja auch immer noch gern ins Museum.

Myra Brodskys Kunst gibt es jetzt auch in Buchform. © Bat Communications


Sogar die 90er-Jahre mit ihren Tribals sollen wieder gefragt sein. Gehen Tattoos da immer mit der Mode?

Ja, es gibt ja gerade in vielen Bereichen ein 90er-Jahre-Revival, modisch, musikalisch… Tatsächlich soll es Kollegen geben, die wieder Tribals stechen. Und wahrscheinlich ist das gar keine schlechte Idee, denn die halten mit ihren dicken Linien lange und die Technik ist heute viel besser.

Wie arbeitest du aktuell und was sind deine Pläne?

Ich habe mein eigenes Studio am Prenzlauer Berg aufgegeben. Es war schlicht zu teuer und ich wollte wieder ungebundener sein. Jetzt arbeite ich in Kreuzberg bei Black Mirror Parlor von Sarah B Bolen. Und werde Berlin in Kürze erstmal verlassen. Aber man kann mich gerne kontaktieren, ich bin ja nicht aus der Welt. Und im Gegensatz zu anderen Tätowierern plane ich maximal zwei Wochen im Voraus. Es kann ja sein, dass ich mal spontan nach Hawaii reisen will.

Foto Galerie

Black Mirror Parlor, Fichtestraße 25, 10967 Berlin

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n. V.

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