Provokantes Polit-Theater

Tiger, die auf Flüchtlinge warten

Der Start der Aktion am Maxim Gorki Theater weckte einiges Interesse. Im Hintergrund: die Humboldt-Universität.
Der Start der Aktion am Maxim Gorki Theater weckte einiges Interesse. Im Hintergrund: die Humboldt-Universität. Zur Foto-Galerie
Dorotheenstadt - Sie haben Mauerkreuze entwendet und planten, im Mittelmeer ertrunkene Migranten vor dem Kanzleramt zu bestatten. Nun wollen die Künstler des "Zentrums für Politische Schönheit" die Politik dazu bewegen, Flüchtlinge wieder mit dem Flugzeug einreisen zu lassen - anderenfalls würden sich Freiwillige vor dem Maxim Gorki Theater Tigern zum Fraß vorwerfen.

Die Arena steht bereits, auf dem Platz der Märzrevolution zwischen Humboldt-Universität und Maxim Gorki Theater. Im Wesentlichen handelt es sich um ein Tiergehege, in dem bis zum 28. Juni vier angeblich libysche Tiger wohnen. Sie sind Teil des neuesten Theaterprojekts des Zentrums für Politische Schönheit (ZPS), das bereits mehrmals mit provokanten Aktionen von sich reden machte. Hauptthema der Künstlergruppe ist das Schicksal von nach Europa flüchtenden Menschen.

Ziel ihrer neuesten Aktion Flüchtlinge Fressen ist die Änderung von § 63, Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes. In diesem Paragrafen werden Beförderungsunternehmen Strafen angedroht, falls sie Menschen ohne Einreiseerlaubnis transportieren. Das Gesetz ist also effektiv dafür verantwortlich, dass Flüchtlinge nicht einfach mit dem Flugzeug einreisen können, sondern beschwerliche und häufig gefährliche Umwege auf sich nehmen müssen.

Mit der Joachim 1 nach Deutschland

Das ZPS hat nun nach eigenen Angaben in der Türkei 100 syrische Flüchtlinge für ihr Projekt gewonnen, die in Deutschland Anrecht auf Asyl hätten. Diese sollen mit einem Flugzeug – von den Aktivisten Joachim 1 getauft – nach Deutschland geflogen werden. Für die Finanzierung ruft die Künstlergruppe online zu Spenden auf. Sollte nicht genügend Geld zusammenkommen, dürfen die Besucher der Arena am Theater entscheiden, wer mitfliegen darf und wer nicht.

Auch die Seitenwand der Arena am Maxim Gorki Theater wurde vom ZPS gestaltet. (c) Triantafillou

 

Die Arena ist bis zum 28. Juni täglich von 10 bis 22 Uhr geöffnet. Jeweils um 18.45 Uhr gibt es die Show Not und Spiele zu sehen, ab halb acht diskutieren im Garten des Theaters Politiker, Künstler, Journalisten und Intellektuelle über die Aktion und die Lage Europas. Um 21 Uhr folgt dann eine kommentierte Fütterung der Tiere. Die vier Tiger kommen ins Spiel, wenn die Bundesregierung sich weigern sollte, den Flug aus der Türkei zu genehmigen. Das ZPS bringt dabei die Bundestagssitzung am 24. Juni ins Spiel, in der eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes beschlossen werden könne. Auch auf eine Intervention des scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck setzen die Aktivisten.

Freiwillige zum Fressen gesucht

Sollte bis zum 28. Juni keine Zusage für den Flug erfolgt sein, werden am selben Tag in der Arena Menschen mit Flüchtlingshintergrund von den Tigern gefressen – so das ZPS. Für die Fütterung suchen die Aktivisten Freiwillige, die sich in dieser Art und Weise für den Kampf gegen den auf einer EU-Richtlinie beruhenden Paragrafen engagieren möchten. Bis es soweit ist, soll es den Tieren an nichts mangeln. Der Ordnungsstadtrat von Mitte, Carsten Spallek (CDU), weist darauf hin, dass „der Fachbereich Veterinäraufsicht des Ordnungsamtes Berlin-Mitte (…) das Projekt von der Planung bis zum Einsetzen der Tiere fachlich begleitet [hat]“. Das Gehege und die Stallungen genügten den Anforderungen der Zirkusleitlinien des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Behörden am 28. Juni gegebenenfalls etwas genauer hinschauen werden.

Bei einer Pressekonferenz im Maxim Gorki Theater zur Vorstellung des Projekts äußerten sich ZPS-Vertreter zu den Beweggründen ihrer neuesten Provokation. „Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, das Bild in seiner ganzen Drastik zu zeigen“, sagte Yasser Alaamoun nach einem Film über das Projekt sowie das Flüchtlingselend im und am Mittelmeer. Dass die gewählten Mittel nicht jeder gutheißen wird, nehmen die Aktivisten in Kauf: „Wir wollen nur das eine, den Menschen für einen kleinen Augenblick den Appetit verderben“, so André Leipold.

Weitere Informationen zur Aktion bekommst du unter www.fluechtlinge-fressen.de.

Foto Galerie

Maxim Gorki Theater Berlin, Am Festungsgraben 2, 10117 Berlin

Telefon 030 20221115

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Kartenvorverkauf: Montag bis Samstag von 12:00 Uhr bis18:30 Uhr
an Sonn- und Feiertagen von 16:00 Uhr bis 18:30 Uhr

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