Spuk im Hochhaus

Verfluchter Plattenbau

Im Dezember wird es in diesem Plattenbau ganz schön unheimlich.
Im Dezember wird es in diesem Plattenbau ganz schön unheimlich. Zur Foto-Galerie
Prenzlauer Promenade - In einem heruntergekommenen Plattenbau in Pankow bringt eine Off-Theater-Gruppe den DDR-Klassiker "Spuk im Hochhaus" auf die Bühne. Die Inszenierung ist eine schwungvolle und ironische Auseinandersetzung mit dem Alltag im Sozialismus - und lädt gleichzeitig dazu ein, ein vergessenes Bauwerk neu zu entdecken. Ende März kommt das Stück, das im vergangenen Jahr seine Premiere feierte, zurück auf die Bühne.

Lange musste Produzentin Eva-Maria Brück-Neufeld vom White Elephant Collective nach einer geeigneten Location für den zweiten Teil der DDR-Kultserie „Spuk im Hochhaus“ suchen. Der erste Teil des Fernsehklassikers – „Spuk unterm Riesenrad“ – konnte 2012 und 2013 mit großem Erfolg auf dem Gelände des ehemaligen Spreeparks inszeniert werden. „Wir waren kurz davor, auch die dritte Produktion in den Spreepark zu verlegen“, erinnert sich Brück-Neufeld. „Doch glücklicherweise wurde uns Anfang Mai, auf den letzten Drücker, dieses Hochhaus an der Prenzlauer Promenade als Spielort angeboten.“

In dem Gebäude war zu DDR-Zeiten unter anderem die Akademie der Wissenschaften untergebracht, seit sieben Jahren dient das „Atelierhaus Prenzlauer Promenade“ als Standort für rund 90 Künstler. Doch die Zukunft des schäbigen Hauses – viele Fenster sind verrammelt, die Wände zieren Graffitis und in den Fluren steht Gerümpel – ist ungewiss. Im vergangenen Jahr konnte eine Räumungsklage nur knapp abgewendet werden.

Nach einigem Hin und Her bringt das White Elephant Collective nun neues Leben in den Plattenbau. Bis Ende Dezember wird in der ehemaligen Mehrzweckhalle – unter bröckelndem Putz und, wie Brück-Neufeld beschreibt, dem „Staub der Wendezeit“ – der alltägliche Wahnsinn im real existierenden Sozialismus auf die Bühne gebracht. Mit einem Augenzwinkern und einer gehörigen Portion (Selbst-)Ironie.

Die Deibelschmidts sind zurück

Basierend auf dem Drehbuch von C.U. Wiesner und Günter Meyer und unter der Regie von Anne Diedering erzählt das Stück „Spuk im Hochhaus“ die Geschichte der verfluchten Wirtsleute Jette und August Deibelschmidt, die 200 Jahre nach ihren üblen Machenschaften auferstehen – mit dem Auftrag, fünf gute Taten zu vollbringen. Ihr altes Wirtshaus existiert natürlich nicht mehr – stattdessen müssen sich die Deibelschmidts im Mikrokosmos DDR-Plattenbau zurechtfinden. Der Beginn einer urkomischen und stellenweise bitterbösen Auseinandersetzung mit der deutsch-deutschen Geschichte.

Wenn sich Jette nach ihrer Auferstehung darüber freut, nun endlich wieder frei zu sein, „frei, wie all die Leute in diesem wunderschönen Land“, wenn sich die Plattenbau-Bewohner erheben, um eine Jimi Hendrix-Fassung der DDR-Nationalhymne zu singen oder wenn sich bei der 77. Hausversammlung im Jahr partout kein Schriftführer finden lassen will, dann ist das – auch dank der tollen Schauspieler – ein echtes Vergnügen. Ob Schwarzer Kanal, Frauenruheraum, dünne Plattenbauwände, Urlaub an der Ostsee oder Intershop – kaum ein Thema wird ausgelassen. Liebevoll gestaltete Kostüme, bissige Dialoge und viel Musik sorgen dafür, dass „Spuk im Hochhaus“ einen Abstecher zur Prenzlauer Promenade wirklich lohnenswert macht.

Viele Zuschauer sind dem Stück definitiv zu wünschen. Auch diesmal muss die Theatertruppe, zu der allein neun Schauspieler gehören, gänzlich ohne staatliche Zuschüsse auskommen. „Wir finanzieren alles aus eigener Tasche und keiner der Beteiligten weiß, wie viel Geld er am Ende verdient“, so die Produzentin. „Licht, Ton, Bühnenbild – alles verdanken wir nur der Unterstützung durch private Investoren. Ohne sie wäre unsere Arbeit gar nicht möglich.“ Umso wichtiger, dass die Besuchszahlen auch in diesem Jahr dem Bemühen, neuen Schwung in eine alte Baracke zu bringen, Recht geben.

Auf die Bühne gebracht wird das Stück „Spuk im Hochhaus“ vom 28. März bis zum 27. April 2014. Weitere Infos zu den genauen Spielzeiten und Tickets gibt es hier.

Foto Galerie

Atelierhaus Prenzlauer Promenade, Prenzlauer Promenade 152, 13189 Berlin

Weitere Artikel zum Thema

Wohnen + Leben
Wo künftig gebaut wird
Florakiez - Bagger, Betonmischer, Kräne und Parkverbote werden den Kiez noch länger prägen. Denn der […]
Wohnen + Leben
Aus Liebe zur Platte
Prenzlauer Berg - Die Siedlung am Ernst-Thälmann-Park steht künftig unter Denkmalschutz - sie wurde als […]
Freizeit + Wellness | Mode | Essen + Trinken | Kultur + Events
Top 10: Hipster Hotspots
Damit du nicht mehr mit dem Mainstream der Stadt abhängen musst, empfehlen wir dir zehn […]