Bühnenstück "War Horse - Gefährten fürs Leben"

Aufs richtige Pferd gesetzt

Das Theaterdrama "War Horse - Gefährten fürs Leben" kommt nächstes Jahr aus dem Londoner West End ins Theater des Westens.
Das Theaterdrama "War Horse - Gefährten fürs Leben" kommt nächstes Jahr aus dem Londoner West End ins Theater des Westens.
Die Pferdepuppen kommen! Ab März 2013 ist das in London und New York populäre Drama "War Horse" im Theater des Westens zu sehen. Erstaunlich. Schließlich fand im Haus an der Kantstraße schon seit 1978 kein Sprechtheater mehr statt.

Kleine Mädchen in hübschen Schuluniformen stoßen beim Anblick des ungelenken Fohlens Freudenschreie aus. Hüftsteife Senioren im Tweedsakko wischen sich verstohlen die Tränen aus den Augenwinkeln, als der angstvoll wiehernde Hengst im Niemandsland zwischen den Frontlinien im Stacheldraht hängen bleibt. Im New London Theatre – einem unschönen aber lebhaften Betonbunker aus den Siebzigern im Theaterviertel West End – bleibt an diesem Nachmittag kein britisches Herz kalt. Es ist eine englische, aber auch eine globale Geschichte, die sich auf der Bühne da unten abspielt: das Leiden der geschundenen Kreatur im Krieg.

Preisgekröntes Stück kommt nach Berlin

Das Bühnenstück „War Horse“ wurde vom National Theatre 2007 produziert und dort uraufgeführt. Vorlage hierfür war das in England beliebte Jugendbuch von Michael Morpurgo. Mittlerweile ist „War Horse“ nicht nur in London, sondern seit vergangenem Jahr auch am New Yorker Broadway und im kanadischen Toronto ein Publikumsschlager. Ganz im Gegensatz zur schmalzigen Kinoversion von Steven Spielberg, die im Februar unter dem Titel „Gefährten“ erfolglos in den Kinos lief.

Der Unterhaltungskonzern Stage Entertainment holt nun die mit sechs Tony-Awards und etlichen weiteren Preisen gekürte Saga nach Berlin. Sie handelt von Joey und Albert, dem Pferd und dem Bauernsohn aus einem Dorf in Devon, die in die Apokalypse des Ersten Weltkriegs geraten.

Ab März 2013 ist „War Horse – Gefährten fürs Leben“, so der deutsche Titel, im Theater des Westens zu sehen. Der Zeitpunkt ist nicht ganz zufällig gewählt, schließlich steht 2014 das Großgedenkjahr „100 Jahre Beginn des Ersten Weltkriegs“ an. Die Stage möchte zu dem Anlass in Berlin mit dem Deutschen Historischen Museum an einem Begleitprogramm arbeiten.

Ein Puppentheater der Extraklasse

1978 wurde im Haus an der Kantstraße das letzte Theaterstück ohne Gesang und Tanz, ein Schauspiel von Robert Wilson, aufgeführt. Der Vorverkauf für die erste Sprechtheaterproduktion seit 35 Jahren startet mit ordentlich Vorlauf schon am heutigen Montag. Höchste Zeit also für Stage Entertainment, ein Dutzend Journalisten nach London in eine Aufführung von „War Horse“ einzuladen, um die Puppen medienwirksam tanzen zu lassen. Denn genau das ist „War Horse“: ein Puppentheater. Allerdings eines, das mit Kasperle oder Augsburger Puppenkiste denkbar wenig gemein hat. Wenngleich es von derselben Magie lebt, tote Materie lebendig werden zu lassen. Das erreichen die Baumeister und Puppenspieler der in Südafrika beheimateten Handspring Puppet Company durch einen so simplen wie atemberaubenden Trick: Alle ihre Puppen atmen

Der gewisse Abstraktionsgrad, den das spärliche Bühnenbild, die Puppen und – in der Originalversion – das Nebeneinander von Englisch, Deutsch und Französisch in den Dialogen verursachen, ist denn auch das Mutige an dieser mit großem Ensemble, Livemusik, Projektionen, Licht- und Sounddesign bestückten, rund zweieinhalbstündigen Show. Vor dem Hintergrund finsterer Schlachtgemälde in sinfonisch donnerndem Katastrophensound wird einem da etwas bang um die Schulmädchen, wie auch der Stoff insgesamt trotz rührseligem Happy End und einigem Dialogwitz seine Härten hat. Und seine Längen. Und in Berlin das Risiko, dass hier keine Briten, sondern Deutsche leben, die erstens eine deutsche Fassung benötigen, in der fragwürdig ist, wie dann die Engländer und Franzosen reden, und zweitens nicht so erpicht darauf sind, als böse Krieger dazustehen. Zum Glück gibt es aber auch zwei gute Deutsche im Stück. Und Tierliebe funktioniert ja in Berlin immer.

Johannes Mock-O’Hara, Chef von Stage Entertainment Deutschland, weiß um die Sprachproblematik. „Wir knobeln noch an der Lösung für die deutsche Fassung“, sagt er nach der Vorstellung. Sonst solle aber weder an der Story noch an der Inszenierung geschraubt werden. Vom Erfolg ist er sowieso überzeugt, und nach Berlin soll „War Horse“ in Paris und in Spanien laufen. Im Herbst werden in der Stadt aber erst mal Schauspieler gecastet, darunter nicht nur Musicaldarsteller, sondern gern auch namhafte Schauspielkollegen, sagt Mock-O’Hara. „Die melden sich von selber“, glaubt der Produzent. „Die wohnen ja eh alle in Berlin.“


Quelle: Der Tagesspiegel

Theater des Westens, Kantstr. 12, 10623 Berlin

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