Was haben Tim Raue und Günther Jauch gemeinsam? Eine Adresse in Potsdam. Seit über 100 Jahren stand die Villa Kellermann für rauschende Feste in beeindruckender Kulisse direkt am Heiligen See mit Blick aufs Marmorpalais. Bevor damit die letzten zehn Jahre Schluss war, wurde hier italienisch gekocht. Ab dem 25. September 2019 bringt uns Tim Raue in der Berliner Vorstadt (so heißt der edle Potsdamer Stadtteil) jetzt wieder auf den Geschmack – mit feiner deutscher Küche. Zwei Jahre wurde die Prachtvilla von Bau- und Hausherren Günther Jauch aufwendig saniert. Er war es auch, der bei Raue Rat suchte, wen er sich als Koch ins Restaurant holen solle. „An wen hätte ich in dem Zusammenhang aber nie gedacht? Ganz ehrlich? An Tim Raue“, gesteht der Moderator und Wahlpotsdamer beim Pre-Opening. Schließlich verantwortet Raue als kulinarischer Berater bereits diverse Restaurants.
Nach nur zehn Minuten Gespräch sagte aber genau der zu, setzte sich mit Brandenburg intensiv auseinander, besuchte in der Region Restaurants und Produzenten und fand traditionelle Rezepte, die er gemeinsam mit Küchenchef Christopher Wecker neu interpretiert. Es geht ihm um die „Gerichte meiner Großmutter, sprich einer Küche, die jeder versteht und die im kulinarischen deutschen Sinne Spaß macht“, erklärt der Sternekoch. Denn deutsche Küche hat dem 45-Jährigen schon einmal richtig Spaß gemacht.
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Das La Soupe Populaire lässt grüßen
Wer sich an sein La Soupe Populaire im Prenzlauer Berg erinnert, begegnet auf der Karte alten Bekannten wie dem Senfei, Kabeljau mit Schmorgurken und den legendären Königsberger Klopsen (von denen damals schon Barack Obama in Berlin schwärmte). „Ansonsten haben wir mindestens die Hälfte der Gerichte für die Villa Kellermann neu kreiert“, sagt Raue. Außerdem wechselt die Speisekarte mit den Saisons.
Ausdrücklicher Wunsch von Günther Jauch ist es, dass sich hier jeder wohlfühlt. Und damit das vielen Gästen so geht, erklärt Raue „dass es sich hier um nichts Elitäres, kein fokussiertes Sternerestaurant handelt“. Vielmehr sei es „monetär so gestaltet, dass nahezu jeder die Möglichkeit hat hierherzukommen“. Deshalb liegen à la Carte die Vorspeisen bei rund 9 Euro, Hauptgänge kosten maximal 26 Euro. Und wer in den vollen Villagenuss kommen möchte, bestellt am besten das Menü „Der gedeckte Tisch“. Das durften wir vorab schon einmal probieren.
Menü kostet keine 60 Euro
Für 59 Euro pro Person kommen dann fünf Vorspeisen auf den Tisch, ein Hauptgang zum Teilen und ein Dessert. An unserem Abend machen vorab Kopfsalat mit Kräutern und Zitrone, Garnelencocktail mit Mandarine, Schlemmerkartoffel mit Sauerrahm und Makrele „Hausfrauenart“ in ihren fein abgestimmten Aromen und perfekten Texturen glücklich. Nur die Entenstopfleberterrine „Sanssouci“ missfällt einigen und ist streng genommen so gar nicht Potsdam. Zum Hauptgang gibt es als Empfehlung des Tages mürbes Gulasch.
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Und sogar für Vegetarier hat Raue in der Villa Kellermann ein Herz und moderiert unser Schmorgericht als „hinreißenden Sellerie“ mit Crème fraîche, Honig, Kreuzkümmel und Süßkartoffelpüree an. Hinreißend trifft es bei dem süß-sauren Essen tatsächlich. Die Joghurtmousse mit Weintrauben und Holunderblüte verschärfen hauchdünne Scheiben Ingwer und wir freuen uns über Raues Handschrift, die hier subtil wie köstlich an seine große Asienliebe erinnert.
Beim Wein bleibt das Potsdamer Restaurant hauptsächlich in Deutschland zuhause, „schielt nur ab und zu nach Italien, Frankreich und Österreich“ wie es Raue schön beschreibt. Schließlich gehört Jauch seit zehn Jahren das Weingut von Othegraven. Wäre doch schade, wenn sich an der Stelle nicht der kulinarische Kreis schließen würde.
Hochzeiten und Feiern
Neben der reinen Kulinarik stehen zwei der vier Salons für (große) Feiern zur Verfügung. Hochzeiten, Taufen, Familienfeiern und Firmenjubiläen nehmen bis zu 100 Personen auf. Auch beim Interieur dominiert die Verbindung von vergangener Eleganz und Moderne: für auffällige Stoffe, Kunst von Andy Warhol und opulente Designerlampen zeichnet sich Architektin Ester Bruzkus verantwortlich. Nur auf die fertige Terrasse müssen wir noch warten. Ihre Eröffnung verspricht Raue für den „zu erwartenden Traumsommer 2020“.
Wer vorher essen kommen möchte, klickt besser schnell ins Reservierungssystem. Schon vor der offiziellen Eröffnung ist das neudeutsche Restaurant den ersten Monat komplett ausgebucht und Günther Jauchs Wunsch, den er QIEZ verrät, geht zumindest für den Start der Villa Kellermann in Erfüllung: „Wenn die Potsdamer Besuch haben, fahren sie mit dem nach Berlin. Wenn Berliner Besuch haben, fahren sie nicht nach Potsdam. Das soll sich ändern!“