Morgens steht Tim Raue um 7 Uhr auf, begierig, mit der Arbeit zu beginnen. Gegen ein Uhr nachts sinkt der Zwei-Sterne-Star dann wieder ins Bett. Er will es so, er will der Beste sein und immer neue Dinge ausprobieren. Seine Geschäftspartnerin Marie-Anne zieht mit als Restaurantleiterin. Und schon wieder hat Tim Raue einige neue Projekte und spricht darüber in seinem Restaurant am Checkpoint Charlie. Das Tim Raue ist das Herzstück seines Imperiums. Hier entsteht vieles, was anderswohin exportiert wird.
Wenn im Sommer Mein Schiff 5 von TUI in See sticht, dann wird er sich, obwohl für Seekrankheit durchaus anfällig, erstmals als Schiffskoch betätigen und Hanami by Tim Raue am Heck des Schiffs eröffnen. Gegen Extra-Bezahlung gibt es auf dem All-Inclusive-Schiff dann Raue-Spezialitäten wie Wasabi-Garnelen oder japanische Thunfischpizza.
Und deshalb eröffnet demnächst neben dem KaDeWe die Brasserie Colette Tim Raue im Tertianum. Auch dort hat er die Speisekarte zusammengestellt und die Gerichte komponiert. Es wird zum Beispiel Salat Nizza mit Sashimi-Thunfisch und Sardellenmayonnaise geben oder spanische Paprika im Glas. Der Name Colette ist Tim Raues persönliche Verbeugung vor der gleichnamigen Madame, an deren Crêpes-Wagen er als Kind zum ersten Mal einen perfekten Crêpe aß. Mit Banane, gesalzener Butter und Vanille-Eis war er süß, salzig und cremig zugleich.
Tim Raue bei Hertha BSC
Ein weiteres Erfolgsfeld ist der Fußball, und es macht dem Küchenstar sichtlich Spaß, von seinem Engagement für Hertha BSC zu erzählen. Er ist zum einen kulinarischer Berater der Mannschaft, zum anderen gibt es im Olympiastadion seit Ende Februar den VIP-Bereich Studio Tim Raue. „Das haben wir wie eine Favela gestaltet“, erzählt er vergnügt. Es gibt Wellblech-Elemente, Graffiti-Kunst, Vintage-Stühle und eine offene Küche. Die Lounge wurde ganz bewusst als offener Raum konzipiert, wo sich zum Beispiel Unternehmer mit ihren Geschäftsfreunden vor und nach den Spielen treffen, etwas Gutes essen und trinken können. Schließlich wird Fußball immer mehr zum Event, und den jungen Erfolgreichen reicht es nicht mehr, den Sportgenuss allein mit Bier, Korn und Currywurst einzurahmen. Bei jedem Heimspiel gibt es eine andere Küchenrichtung, mal thailändisch, mal österreichisch oder orientalisch.
Dafür wird das eigentliche Studio Tim Raue nicht mehr für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, da die Community auf dem Factory-Gelände in Mitte stark gewachsen ist. Das alte Studio wird zur Factory Kitchen, und Tim Raue wird die dort stattfindenden Veranstaltungen mit Caterings begleiten. Aber er glaubt fest daran, dass irgendwann ein neuer Pop-up-Standort gefunden wird für ein anderes Studio.
Bevor das Restaurant im Herbst eröffnet, wartet aber noch eine andere Herausforderung. Als erster deutscher Küchenstar wird er in der Netflix-Reihe Chef’s Table weltweit einem kulinarisch interessierten Publikum vorgestellt. Das empfindet er als große Auszeichnung und Herausforderung zugleich. Mit einem Team von zwölf Leuten wollen sie im April an zehn Tagen bei ihm drehen. Dabei hat er schon jetzt genug zu tun. Viele internationale Gäste buchen Monate im Voraus, um sich einen Tisch zu sichern. Aber mittags sind immer noch 70 Prozent der Speisenden Berliner. „Schließlich wollen wir ein Berliner Restaurant sein.“