Das Ende der grauen Container und langen Schlangen an der Scheidemannstraße rückt näher: „Wir werden den Architekturwettbewerb so zeitig abschließen, dass der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode die abschließenden Entscheidungen zur konkreten Ausgestaltung des Besucherzentrums treffen kann“, sagte Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) dem Tagesspiegel. Übersetzt heißt das: Das Besucherzentrum am Reichstag kommt.
Das Besucherzentrum ist die erste Anlaufstelle von Berlin-Besuchern, die dem Reichstag auf die Kuppel steigen oder sich über den Parlamentsbetrieb informieren wollen. Wer diesen Programmpunkt auf der Agenda hat, muss sich gegenwärtig am Ende der Schlange vor den Containern auf der Tiergartenseite der Scheidemannstraße anstellen, um dort ein Besucherticket zu lösen. Dann quert er die Straße und unterzieht sich den Sicherheitskontrollen im Containerdorf des Sicherheitspersonal der Bundestagsverwaltung. Das alles würde mit dem Neubau entfallen, der an die Stelle des Restaurants und Souvenirshop „Berlin-Pavillon“ treten soll.
Lösungen beim Architektur-Wettbewerb
Von dort werden die Besucher künftig durch einen Tunnel unter der Erde auf die andere Straßenseite gelotst. Denn diese ursprüngliche Erschließungsvariante soll nun tatsächlich Realität werden – trotz der damit verbundenen Risiken höherer Kosten, die zwischenzeitlich zu einem Baustopp geführt hatten. Auf der Suche nach der besten Verbindung des Neubaus mit dem Reichstag ist Hendricks zufolge auch „über die Art der Verbindung zwischen dem Besucherzentrum und dem Reichstagsgebäude gesprochen worden.“ Hendricks weiter: „Hierzu erhoffe ich mir vom anstehenden Architekten-Wettbewerb gute Lösungen.“
150 Millionen Euro sind festgelegt worden
Warum geht nun doch alles so schnell, was zuvor aufgrund der gewaltigen Kosten von Ramsauer gestoppt wurde? „Die Kosten liegen deutlich unter den vom ehemaligen Bauminister Ramsauer genannten bis zu 500 Millionen Euro“, sagte Hendricks mit Hinweis auf Kostenschätzungen vor Beginn ihrer Amtszeit. Warum ihr Vorgänger diese Schwindel erregende Summe ins Spiel gebracht hatte, sei für sie nicht nachvollziehbar.
Dass überhaupt wieder Bewegung in den Plan für den Neubau kam, lag wohl auch daran, dass eine Höchstgrenze bei den Baukosten festgelegt wurde: 150 Millionen Euro waren zuletzt im Herbst genannt worden, zwei Drittel davon für das oberirdische Zentrum, ein Drittel für den Tunnel von dort zum Reichstagsgebäude. Der Ältestenrat des Bundestages hatte sich im Oktober erneut für den Neubau mit 6600 Quadratmetern ausgesprochen. Bei der Verwaltung des Bundestages bestätigte Sprecher Ernst Hebeker: „Der Ältestenrat hatte das Bundesbauministerium mit der Vorbereitung eines Architekturwettbewerbes beauftragt.“ Rund drei Millionen Besucher kämen jährlich.
Studenten machen sich Sorgen um Aushilfsjobs
Später sahen abgespeckte Pläne an der Scheidemannstraße nur noch die Hälfte der Flächen vor – und ein Budget von 215 Millionen Euro. Auf einen Tunnel wollten die Planer auch mal verzichten und die Verbindung zwischen Reichstag und Zentrumsneubau oberirdisch bauen.
Die aufeinander gestapelten Container haben sich aus Sicht der Beschäftigten vor Ort als Dauerprovisorien bewährt. Jedenfalls die Studenten, die als Touristenlotsen im Einsatz sind, machen sich eher Sorge um ihren Aushilfsjob als um den Baustart des neuen Zentrums. Dagegen beklagten Verantwortliche im Bezirk Mitte und der stellvertretende CDU-Fraktionschef Stefan Evers jüngst die Einöde des gesamten Regierungsviertels, das abseits von Großveranstaltungen oft leergefegt und leblos daliege. In der Regierung sieht man das anders: Touristisch werde das Gebiet hervorragend angenommen.